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Tonnagebesteuerung: Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Änderung des § 7 Satz 3 GewStG 1

12.04.2021

Im Fall des Übergangs von der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a Einkommensteuergesetz (EStG) zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ergibt sich die AfA-Bemessungsgrundlage für das Handelsschiff für Wirtschaftsjahre, die bis zum 31.12.2018 beginnen, aus dem gemäß § 5a Absatz 6 EStG anzusetzenden Teilwert abzüglich des Schrottwertes. Dies hat das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden.

Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Absatz 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasse jeden Verlust der Mitunternehmerstellung unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet, heißt es in den Leitsätzen weiter. § 7 Absatz 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in der Fassung des Gesetzes vom 12.12.2019 stehe der Kürzung des Gewinns aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 9 Nr. 3 GewStG entgegen. Die in § 36 Absatz 3 Satz 1 GewStG angeordnete rückwirkende Geltung dieser Gesetzesänderung sei verfassungsgemäß. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin darauf, dass hinzugerechnete Unterschiedsbeträge nach § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen wären, habe sich im Streitjahr 2013 nicht entwickeln können.

In dem Klageverfahren einer Einschiffsgesellschaft ging es laut FG Hamburg gleich um ein Bündel von Streitfragen, und zwar darum, ob nach dem Rückwechsel von der Tonnagebesteuerung zur Besteuerung durch Vermögensvergleich Absetzung für Abnutzung (AfA) auf den Teilwert des Schiffes zu berücksichtigen ist, ob Unterschiedsbeträge hinzuzurechnen sind, die auf ausgeschiedene Gesellschafter (Tod oder Schenkung) entfallen und schließlich ob der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GeswStG zu kürzen ist, soweit er auf der Hinzurechnung von Unterschiedsbeträgen beruht. In formeller Hinsicht sei überdies streitig gewesen, ob das als Untätigkeitsklage erhobene Begehren zulässig war; insoweit habe das Finanzamt keine Einspruchsentscheidung erlassen, weil es auf einen Nichtanwendungserlass für das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) IV R 35/16 warten wollte.

Dies hat das FG Hamburg nicht akzeptiert und die Untätigkeitsklage als zulässig angesehen. Die Klägerin habe der Anordnung der Verfahrensruhe widersprochen und die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Seither seien bis zur mündlichen Verhandlung 13 Monate verstrichen.

In der Sache hat das FG die AfA nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 25.10.2018 (IV R 35/16) nach § 5a Absatz 6 EStG abzüglich des Schrittwertes angesetzt. Die mit dem Jahressteuergesetz 2019 eingeführte Änderung sei für das Streitjahr 2013 noch nicht anwendbar gewesen (§ 52 Absatz 10 Satz 5 EStG). Für die Hinzurechnung der Unterschiedsbeträge für ausgeschiedene Gesellschafter habe das Gericht ebenfalls nach Maßgabe der Rechtsprechung des FG Hamburg (2 K 277/16, 2 K 247/16) und des BFH (IV R 28/19, IV R 17/19) entschieden, dass Ausscheiden im Sinne von § 5a Absatz 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedwedes Ausscheiden bedeutet, unabhängig davon, ob es entgeltlich oder unentgeltlich, im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.

Auch im letzten Streitpunkt ging es nach Angaben des FG um ein Eingreifen des Gesetzgebers zur Korrektur unerwünschter Rechtsprechung. Der BFH habe mit Urteilen vom 25.10.2018 (IV R 35/16 und IV R 40/16) judiziert, dass der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Absatz 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG nicht der Fiktion des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 3 GewStG unterfalle und daher grundsätzlich um 80 Prozent (§ 9 Nr. 3 Satz 2GewStG) gekürzt werden könne. Dies sei nunmehr durch die Neufassung von § 7 Satz 3 GewStG mit der ausdrücklichen Nennung von § 5a Absatz 3 EStG nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber habe hier die rückwirkende Anwendung auf Erhebungsräume vor 2019 angeordnet (§ 36 Absatz 3 Satz 1 GewStG).

Dies begegnet aus Sicht des FG keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln. Zwar handele es sich um einen Fall der so genannten echten Rückwirkung. Dies sei aber ausnahmsweise zulässig, weil sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf die mit den Urteilen vom 25.10.2018 geänderte rechtliche Beurteilung habe bilden können. Wegen dieser verfassungsrechtlichen Frage hat das FG die Revision zugelassen. Diese läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 1/21.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 10.12.2020, 6 K 306/19, nicht rechtskräftig

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