Teil 7. Der 21. Oktober - ein Grund zum Feiern
Heute vor genau 70 Jahren war es so weit – am 21. Oktober 1949 wurde der Bund der Steuerzahler gegründet. Seit 70 Jahren setzen wir uns für einen transparenten und sparsamen Umgang mit unser aller Steuergeld ein. Wir wissen, dass wir dicke Bretter bohren müssen! Doch als politisch unabhängiger Verband (ohne öffentliche Zuschüsse!) erfahren wir Respekt in allen politischen Lagern. Was das für uns bedeutet? Auf die nächsten 70 Jahre!
Teil 6. Unser Medienstar - Die Schuldenuhr Deutschlands
Mit scheinbar kleinen Dingen kann Großes bewirkt werden. Dem Bund der Steuerzahler ist das mit seiner Schuldenuhr eindrucksvoll gelungen.
Für Medienrummel sorgte sie schon damals: Bei der feierlichen Einweihung am 12. Juni 1995 in Wiesbaden, dem früheren Sitz des BdSt, war das mediale Interesse groß. Schließlich wurde das komplexe Thema Staatsverschuldung mit dem aktuellen Schuldenstand, dem sekündlichen Schuldenzuwachs und dem Wert der ProKopf-Verschuldung heruntergebrochen und visualisiert. Die Staatsverschuldung und ihre Folgen, die Belastung kommender Generationen und der dadurch künftig begrenzte fnanzielle Handlungsspielraum – das alles lässt sich anhand dieser drei Zahlen darstellen. Für den Bund der Steuerzahler ist die Schuldenuhr die konsequente Weiterentwicklung der Idee, die Gesellschaft für die Folgen der Staatsverschuldung zu sensibilisieren, um gemeinsam dagegen zu kämpfen. Mit der Präzision und Unerbittlichkeit des Uhrwerks konnte nun die Entwicklung der Staatsverschuldung für jedermann veranschaulicht werden.
Das hatte unmittelbare Folgen bereits im ersten Jahr: Am 14. Dezember 1995 überschritt der öffentliche Schuldenstand die 2.000-Milliarden-Mark-Linie. TV-Teams kamen, um diesen Augenblick festzuhalten und im Bundestag fand eine haushaltspolitische Debatte statt, die als „historische Stunde“ bezeichnet wurde. Fortan wurden zahlreiche Haushaltsdebatten von den Medien mit dem Bild der Schuldenuhr begleitet. Sie wurde rasch zum Symbol für die tickende Zeitbombe Staatsverschuldung, zum Markenzeichen des Verbandes und zum Bildungsträger. Sie wird in Schulbüchern abgedruckt und im „Haus der Geschichte“ in Bonn aufgehängt. Sie ist in Berlin als fester Programmpunkt bei Sightseeing-Touren eingeplant und kann als kostenfreie App von jedem Bürger genutzt werden.
Seit 1995 sind die Zeiten vorbei, in denen die Politik von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt immer neue Ausgaben beschließen und diese über neue Schulden fnanzieren konnte. Die Bürger bekamen mit der Schuldenuhr ein feines Gespür für die negativen Folgen: Der Schuldenberg ist eine schwere Hypothek für kommende Generationen. Zugleich beschneiden die notwendigen Zinszahlungen unseres Schuldendienstes schon heute den politischen Gestaltungsspielraum der öffentlichen Haushalte massiv. Und mit jedem
neuen Schuldenhaushalt spitzte sich die Situation weiter zu. Ein radikaler Wandel musste her. Für diesen warb der Bund der Steuerzahler intensiv bei der Politik und forderte mit breiter Unterstützung der Öffentlichkeit bereits 1995 einen Neuverschuldungsstopp. Unter dem Slogan „Kinder haften für ihre Eltern“ führte der Bund der Steuerzahler eine Kampagne zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Langsam wuchs auch innerhalb der Parteien das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Schuldenregulierung. Grundlage der heutigen Schuldenbremse war dann eine Schrift des wissenschaftlichen Instituts des Bundes der Steuerzahler „Staatsverschuldung und öffentliche Investitionen“ aus dem Jahr 2006, in der nicht nur das Konzept einer wirksamen Schuldenregel in Gestalt eines Schuldenverbots formuliert wurde, sondern sogar auch eine entsprechende Neufassung des Artikel 115 GG.
Die dann im Jahr 2009 im Grundgesetz fxierte Schuldenbremse für den Bund und die Länder ist die konsequente Antwort auf den anwachsenden Schuldenberg Deutschlands, festgehalten und visualisiert in der Schuldenuhr. In den vergangenen 24 Jahren ist die Schuldenuhr zum Medienstar der Haushaltspolitik avanciert und hat den Weg zum Schuldenstopp geebnet.
Nachdem sie 22 Jahre lang stetig nur ein Ansteigen des öffentlichen Schuldenbergs verkünden musste – in der Spitze 2009 mit 4.439 Euro je Sekunde – läuft sie seit 2018 rückwärts, wenn auch in überschaubarem Tempo mit derzeit 66 Euro. Dieses positive Signal geht sogar über das Ansinnen der Schuldenbremse hinaus. Für den BdSt ist der Abbau des weiterhin gigantischen Schuldenbergs in wirtschaftlich guten Zeiten nur konsequent. Schuldenabbau ist immer eine Investition in die Zukunft unseres Landes, denn daraus resultierende Zinsersparnisse schaffen fnanzielle Spielräume in den öffentlichen Haushalten. Diesen Weg gilt es für gegenwärtige und kommende Generationen beizubehalten. Der Druck zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte bleibt dennoch bestehen. Das gefällt nicht allen. So klagen einige Politiker, die Schuldenbremse sei zu restriktiv und müsse aufgeweicht oder gar wieder abgeschafft werden. Für sie hat der Bund der Steuerzahler eine deutliche Antwort: Noch nie haben die Steuerzahler so viel Steuern gezahlt wie gegenwärtig. Aufgabe der Politik ist es, zu gestalten und Prioritäten festzulegen – auch bei den Ausgaben. Ein Schuldenstopp für alle Länder und den Bund ist ein dauerhaftes Muss, besser noch ein konsequenter und stetiger Abbau von Altschulden. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten, zusammen mit der Schuldenuhr Deutschlands.
Alte Schuldenuhr geht ins Museum
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger war eigens da, auch Finanz-Staatssekretär Jens Spahn kam zur Büroeröffnung der Bundesgeschäftsstelle im Januar 2017. Der Bund der Steuerzahler übergab die alte Schuldenuhr an die Historikerin Prof. Dr. Rosmarie Beier-de Haan aus dem Deutschen Historischen Museum (DHM) – als Exponat deutscher Politik-Geschichte wird dieses digitale Schuldenuhr-Modell dort weiterlaufen.
„Der Schuldenuhr gelingt es, das süße Gift des Schuldenmachens zu symbolisieren“, betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfnanzministerium, Jens Spahn (CDU). „Damit legt der Bund der Steuerzahler den Finger in die Wunde.“ Historikerin Beier-de Haan bedankte sich für die Schenkung. Es sei nicht selbstverständlich, dass ein Museum angesprochen werde. „Wir müssen sonst selbst auf die Suche gehen.“ Die alte Schuldenuhr ist nun ein „Objekt“ und für die neue Dauerausstellung im Zeughaus Unter den Linden fest eingeplant. Zudem gehört sie zu den ausgewählten DHM-Objekten, die in der hauseigenen Online-Datenbank für jeden Interessierten sichtbar werden und somit als Forschungsobjekt dienen können. Dazu BdStPräsident Reiner Holznagel: „Wir sorgen mit unserer neuen modernen Schuldenuhr weiterhin für die dringend nötige Transparenz, was das Problem der Verschuldung betrifft!“ Als Festredner betonte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger die Bedeutung der gesetzlich festgeschriebenen Schuldenbremse, die für alle Bundesländer ab dem Jahr 2020 gilt: „Es ist zu hoffen, dass die neue Schuldenuhr in wenigen Jahren auf dem Rückweg unterwegs ist."
Teil 5. Das Schwarzbuch - Die öffentliche Verschwendung
Wer Steuern zahlt will Sparsamkeit – keine Verschwendung. Dieser Gedanke war der Ausgangspunkt der wohl bekanntesten „Marke“ des Bundes der Steuerzahler. Das Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung ist mittlerweile weithin bekannt und Synonym für die Recherche- und Auflärungsarbeit des Bundes der Steuerzahler.
Mit dem Schwarzbuch ist es uns gelungen, das Problem der Steuergeldverschwendung als Thema in Politik und Verwaltung fest zu verankern. Damit ist das Schwarzbuch und die öffentliche Aufmerksamkeit, die es erzeugt, das beste präventive Mittel gegen die Verschwendung von Steuergeld. Entstanden ist es 1973. Damals wurden erstmals die Beispiele für den sorglosen Umgang mit Steuergeld vom BdSt in einer Broschüre gebündelt und veröffentlicht. Der mediale Widerhall war schon damals groß. So schrieb zum Beispiel der Chefreporter von „Bild am Sonntag“: „Dies ist eine harte Anklage. Doch die Experten, die sie erhoben, verstehen etwas von ihrem Geschäft. Wer diese Dokumentation liest, bekommt graue Haare. Das Gerede von der öffentlichen Armut ist ein Märchen. Der Staat hat Geld, aber er verschwendet es.“
Seit nun 47 Jahren veröffentlicht der Bund der Steuerzahler jeden Herbst ein neues Schwarzbuch. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde das Buch daher schlicht als „Herbstklassiker“ bezeichnet. Ziel ist es nach wie vor, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Politik zum sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit unserem Steuergeld zu bewegen. Um die
Verschwendung von Steuergeld zu verhindern, gibt es das Schwarzbuch mittlerweile auch digital auf der preisgekrönten Recherche-Plattform schwarzbuch.de. Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist einzigartig: Nur der BdSt deckt die Verschwendung von Steuergeld in dieser öffentlichkeitswirksamen Form auf und recherchiert dafür jedes Jahr über 100 Beispiele eklatanter Steuergeldverschwendung. In seinen Analysen geht er den Ursachen für die Verschwendung von Steuergeld auf den Grund und liefert zugleich konkrete Handlungsempfehlungen, wie es besser laufen kann. Damit leistet der Bund der Steuerzahler einen konstruktiven Beitrag für die sparsame Verwendung von Steuergeld.
Teil 4. 33 Jahre Steuermentalität - So ticken die Steuerzahler
Erstmals im Jahre 1987 ließ der Bund der Steuerzahler die Steuermentalität der deutschen Steuerzahler untersuchen. Diese Untersuchung wurde vom „Schmölders Institut“, der Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik, durchgeführt.
Unter Steuermentalität versteht man die grundsätzliche Einstellung der Bürger zum Steuersystem, zur Steuergerechtigkeit und zu ihrer individuellen Steuerlast. Die Studie „Steuermentalität der bundesdeutschen Steuerzahler und deren Vorstellungsbild von einer Interessengemeinschaft der Steuerzahler“ kam zu dem Ergebnis, dass 76 Prozent der Steuerzahler ihre Steuerbelastung als zu hoch empfnden. 70 Prozent empfanden ihre Steuerzahlung gegenüber anderen Steuerzahlern als zu hoch. 33 Jahre Steuermentalität So ticken die Steuerzahler
Sechs weitere Studien im Auftrag des Bundes der Steuerzahler folgten:
1990 Die Steuerreform im Meinungsbild der bundesdeutschen Bevölkerung
1995 Steuervereinfachung und Steuergerechtigkeit
1997 Steuermentalität und Steuermoral der bundesdeutschen Bevölkerung und deren Einstellung zur Steuerreform 1997
1999 Steuermentalität, Steuermoral und Einstellungen zur Steuerreform 1999
2008 Steuermentalität und Steuermoral in Deutschland 200
2014 Steuerkultur und Steuermoral in Deutschland 2014
Auch nach der letzten Studie zeigt sich im Zeitvergleich eine gefühlte Steuerbelastung auf hohem Niveau. Zum einen ist die subjektive Steuerbelastung gestiegen: 85 Prozent der Deutschen halten ihre Steuern für zu hoch. Das war 2014 der höchste Wert seit Ende der 1980er Jahre. Seit langem stagniert die subjektive Steuerbelastung auf hohem Niveau. Dabei verstehen die meisten Steuerzahler unter „Steuerbelastung“ nicht nur die Lohn- und Einkommensteuer, sondern auch indirekte Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge. Besonders stark belastet fühlten sich Selbstständige und Freiberufler, Ledige und Angehörige der gehobenen Mittelschicht. Auch das relative Steuerbelastungsgefühl ist gestiegen. Fast drei Viertel der Bürger sind davon überzeugt, dass sie im Vergleich mit anderen zu viele Steuern bezahlen.
Die Steuermentalität wird auch durch die Erwartungshaltung der Bürger zum Staat bestimmt. Dabei wird das Verhältnis der Steuerzahlung zur Gegenleistung abgebildet. Sie erwarten, dass der Staat mit dem Geld, das sie ihm zur Verfügung stellen, verantwortungsvoll umgeht und die Verschwendung von Steuer geld stoppt. 95 Prozent der Bürger – also fast alle! – sind der Ansicht, dass der Staat viel zu verschwenderisch mit dem ihm anvertrauten Geld umgeht. Im Gegensatz zur Steuermentalität wird unter Steuermoral nicht die allgemeine Einstellung zur Steuer, sondern die Einstellung zu bestimmten Verhaltensweisen verstanden, so dass von ihr mit größerer Wahrscheinlichkeit auf das entsprechende Verhalten geschlossen werden kann.
Die Steuermoral wird aus diesem Grund in der Steuerpsychologie zum einen aus der Beurteilung des Steuersünders und zum anderen aus der Beurteilung von Steuerdelikten operationalisiert. Der jeweilige Grad der Verurteilung lässt somit Rückschlüsse auf das steuerlich relevante Verhalten der Steuerzahler zu, sprich auf das Ausmaß und die Form des Steuerwiderstands. Aus fünf Indikatoren lässt sich ein Steuermoralindex bilden. Dazu gehören:
- In Steuererklärung immer alles korrekt angeben.
- Hinterziehung ist auf jeden Fall unmoralisch.
- Unmoral wird durch Ungerechtigkeit aufgehoben.
- Der Ehrliche ist am Ende der Dumme.
- Hinterziehung wiegt geringer als Verschwendung.
Im Zeitvergleich der über 40 Jahre hat sich die Steuermentalität verschlechtert. Die Steuermoral der Deutschen ist aber erheblich besser geworden. Zentrale Gründe für die gestiegene Steuerehrlichkeit ist zum einen die Angst, erwischt zu werden. Sie hat zugenommen, was zu nicht unerheblichen Teilen auf dem Ankauf der Steuer-CDs zurückzuführen sein dürfte. Zum anderen wächst die Bedeutung moralischer und politischer Werte im Entscheidungsprozess. Hier wirkt sich die Präsenz des Themas Steuerhinterziehung in der Öffentlichkeit – Stichwort: Zumwinkel- und Hoeneß- Affäre – stärker auf die moralische Bewertung aus.
Teil 3. „Der Bund der Steuerzahler erfüllt eine notwendige Aufgabe“
„Der Bund der Steuerzahler erfüllt eine notwendige Aufgabe“
Diese Worte des verstorbenen Bundespräsidenten Gustav Heinemann haben bleibendes Gewicht. Stammen sie doch von einer Persönlichkeit, der es ebenso wie dem Bund der Steuerzahler
stets Auftrag gewesen ist, das Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern zu verbessern. Nun sind freilich Finanz- und Steuerpolitik nicht die einzigen Bereiche, in denen der Bürger staatlicher Gewalt begegnet. Aber es sind Bereiche, die – wie nur wenige andere – unmittelbar jeden betreffen. Denn fast alle zahlen Steuern und jeder nimmt staatliche Leistungen in Anspruch. Zwar begründen Steuern, die der einzelne Bürger zahlt, keinen Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung. Aber der renommierte Finanzwissenschaftler Professor Dr. Günter
Schmölders, der dies seinen Studenten immer wieder als Wesensmerkmal der Steuer „eingetrichtert“ hat, war einer der ersten Verfechter der Idee einer parteipolitisch neutralen und unabhängigen Interessenvertretung aller Steuerzahler. Denn wenn auch kein individueller Rechtsanspruch auf Gegenleistung und damit kein primär individuelles Interesse aus Steuerzahlungen abgeleitet werden kann, sondern der mit der Hoheit über Steuer erhebung und -verwendung ausgestattete Gesetzgeber allein der Gesellschaft als ganzes verpflichtet
ist, ist das noch lange keine Garantie, dass der Gesetzgeber dieser Verpflichtung immer und fehlerlos nachkommt. Auch ist soziale Verpflichtung kein Freibrief dafür, die Interessen einzelner Bürger einfach zu übergehen.
Entsprechend dieser nicht zuletzt aufgrund persönlicher Erfahrung erwachsenen Erkenntnis kam es zu der Idee, die Steuerzahler in einem Verband zu organisieren, der Interessen gegenüber dem Staat wahrnimmt bzw. verteidigt. Diese Idee ist seit nunmehr 27 Jahren durch den Bund der Steuerzahler verwirklicht. Von seiner Nützlichkeit und Notwendigkeit zeugt die Aussage eines bekannten Journalisten, wonach man den Bund der Steuerzahler sofort gründen müßte, wenn er nicht schon bestehen würde. Damit hat er das als Auftrag und Verpflichtung empfundene Wort vom Bund der Steuerzahler als dem „Finanzgewissen der Nation“ eingelöst. Wie dieses Finanzgewissen im Dienste des steuerzahlenden Bürgers tätig wird, wo es kontrolliert und wen es mahnt, darüber informiert dieser Band.
Wiesbaden, im November 1976
Professor Dr. Willy Haubrichs
2. Teil - Die „rollende Plakatwand“
Zum Jahreswechsel 2002/2003 waren die finanzpolitischen Zeichen der rot-grünen Bundesregierung wenig rosig. Es herrschte ein Reformstau, die Neuverschuldung sollte weiter anwachsen. Zugleich sollte die Steuer- und Abgabenlast unter dem Deckmantel des Abbaus von Steuervergünstigungen massiv steigen. Der Bund der Steuerzahler setzte sich für einen grundlegenden Wandel in der Finanz- und Haushaltspolitik des Bundes ein. Er war überzeugt: Höhere Steuern und Sozialbeiträge sind kontraproduktiv für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Die Neuverschuldung ist der falsche Weg, Einsparungen im Bundeshaushalt notwendig.
So startete der Bund der Steuerzahler zu Beginn des Jahres 2003 die Steuerzahlerprotestlinie „MIR REICHT’S“. Die Busse fuhren für einige Wochen durchs politische Berlin und luden Passanten ein, mitzufahren. Auch TV-Teams und Journalisten machten mit der roten Protest-Linie eine Tour durch Berlin und kamen währenddessen mit Vertretern des Bundes der Steuerzahler ins Gespräch über notwendige Reformen im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik. Während der Aktion und dem steigenden Bekanntheitsgrad kamen immer mehr Bürger, um den Protest des BdSt zu unterstützen und mit „der rollenden Plakatwand“ zu fahren.
Zu Jahresbeginn fand auch die Anhörung im Finanzausschuss zum „Steuervergünstigungsabbaugesetz“ statt. In dieser Anhörung legte der Bund der Steuerzahler den Abgeordneten dar, dass das Gesetz in dieser Form nicht in Kraft treten dürfe, denn es beinhalte massive Steuererhöhungen für Bürger und Betriebe. Für den Weg zur Anhörung nahmen die Vertreter des BdSt den roten Protestbus und schafften es so, dass die Aktion des BdSt auch auf den Fluren des Bundestages diskutiert wurde. Parallel startete der BdSt eine Unterschriftensammlung, mit der Bürger und Betriebe die Abgeordneten des Bundestages aufforderten, gegen Steuer- und Abgabenerhöhungen zu stimmen und Einsparungen im Bundeshaushalt zu verlangen. Auch reichten Mitglieder und Unterstützer Protestkarten bei den Staatskanzleien der Bundesländer ein.
Mit Erfolg: Im März des Jahres 2003 stoppte der Bundesrat das sogenannte „Steuervergünstigungsabbaugesetz“. Auch den Vorschlag des damaligen Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (SPD), die Neuverschuldung zu erhöhen, lehnte der BdSt ab. Mit Erfolg, denn Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Finanzminister Hans Eichel (SPD) lehnten eine Erhöhung der Neuverschuldung ebenfalls ab. Auch die Idee, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte anzuheben, um bei den Sozialversicherungsbeiträgen einen Freibetrag einzuführen, wehrte der BdSt erfolgreich ab. Rückblickend lässt sich resümieren, der Protest des Bundes der Steuerzahler war richtig und hat sich gelohnt. Steuererhöhungen konnten verhindert werden, notwendige Reformen wurden eingeleitet.
1. Teil - Die Wiege des Bundes der Steuerzahler
Man hätte sich keinen geeigneteren Ort für die Gründung des Bundes der Steuerzahler ausdenken können, als den Gasthof Krone im beschaulichen Stuttgart-Uhlbach. Denn die Attribute, die oftmals den Schwaben zugeordnet werden, passen auch zum Bund der Steuerzahler. Die Mitglieder möchten Steuern sparen und fordern eine tragbare Steuer- und Abgabenbelastung sowie eine sparsame öffentliche Verwaltung.
Im Gasthaus Krone wurde am 8. Oktober 1949 mit der „Vereinbarung über die Errichtung und den Aufgabenbereich des Präsidiums des Bundes der Steuerzahler in den westlichen Ländern“ der Bund der Steuerzahler aus der Taufe gehoben. Was in kleiner Runde begann, hat sich zu einer großen und erfolgreichen Bewegung entwickelt.
Zu den maßgeblichen Persönlichkeiten, die den Bund der Steuerzahler gründeten, gehörten der Diplom-Kaufmann Dr. Hermann Wunderlich aus Stuttgart und Ernst Heinrich Kunze, der von 1948 bis 1959 die Wirtschaftsredaktion der Stuttgarter Zeitung leitete. Das erklärt, warum der Bund der Steuerzahler in Stuttgart gegründet wurde.
Warum aber der in einem Talkessel liegende Weinort Stuttgart-Uhlbach zum Gründungsort wurde, lässt sich heute nur noch vermuten. Der Bund der Steuerzahler wurde 1949 gegründet, in einer Zeit, als Deutschland zu weiten Teilen zerstört war. Vielleicht war das Gasthaus Krone einer der wenigen intakten Orte, in denen man eine Gründung besprechen und vollziehen konnte.
Rückblickend lässt sich feststellen, dass die Leistung der Gründer des Vereins beeindruckend war. Aus einer Idee weniger Engeagierter ist ein starker Verein geworden, der die Finanzpolitik der Bundesrepublik seit ihrer Gründung verfolgt und beeinflusst hat.