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Steuerzahler-Gedenktag 2023

Ab jetzt arbeiten wir in die eigene Tasche

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BdSt-Präsident Reiner Holznagel zum Steuerzahlergedenktag 2023

Der diesjährige Steuerzahlergedenktag fällt auf Mittwoch, den 12. Juli. Dies hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler prognostiziert. Die Bürger müssen in diesem Jahr also voraussichtlich einen Tag weniger als im Vorjahr für öffentliche Kassen arbeiten. Denn die durchschnittliche Belastung der Einkommen mit Steuern und Abgaben ist 2023 mit voraussichtlich 52,7 Prozent rund 0,3 Prozentpunkte niedriger als im Jahr 2022.

Ohne den erfolgreichen Einsatz auch des Bundes der Steuerzahler für einen Abbau der kalten Progression im Einkommensteuerrecht wäre die Belastungsquote aber deutlich höher ausgefallen. Nun steigen die Einkommensteuerlasten trotz inflationsbedingt deutlich gestiegener Einkommen nur moderat.

Die Sozialabgaben hingegen sind in diesem Jahr weiter gestiegen. In der Rentenversicherung war ein Anstieg aufgrund einer robusten Beschäftigungslage bislang nicht nötig. Dennoch wurden die Beitragssätze in der Arbeitslosenversicherung zu Jahresbeginn erhöht, was vor allem eine Folge der allzu üppigen Kurzarbeiterregelungen der Vorjahre ist. In der Kranken- und Pflegeversicherung steigen die Beitragssätze fast schon traditionell an, ohne dass die Politik spürbare Anstrengungen unternimmt, Effizienzreserven zu Gunsten der Beitragszahler zu nutzen.

Dass die Einkommensbelastungsquoten dennoch per Saldo zumindest etwas sinken, liegt an einigen indirekten Steuern bzw. Quasisteuern. Zu nennen ist die Absenkung der CO2-Abgabesätze für Kraft- und Heizstoff sowie die Reduktion des Umsatzsteuersatzes für Erdgas auf 7 Prozent. Außerdem macht sich der zinsbedingte Einbruch auf den Immobilienmärkten bemerkbar, wodurch die Immobilienumsätze und damit die Grunderwerbsteuerlasten sinken. Vordergründig entlastend wirkt auch der endgültige Wegfall der EEG-Umlage: Als Stromkunde zahlt man sie inzwischen nicht mehr. Stattdessen wird diese Stromsubvention jetzt aus dem Bundeshaushalt finanziert – also letztlich doch von den Bürgern selbst.

Unter dem Strich bleibt es dabei, dass Arbeitnehmerhaushalte mehr als die Hälfte ihres Erwerbseinkommens nicht zur freien Verfügung haben, sondern zunächst an öffentliche Kassen abtreten. Die Frage, ob hier die Balance zwischen individueller und kollektiver Entscheidungshoheit noch gewahrt wird, ist also mehr als berechtigt.

Denn eine staatliche Umverteilung von mehr als 50 Prozent des individuellen Einkommens ist höchst bedenklich. Solch ein Ausmaß beeinträchtigt Erwerbsanreize und verletzt das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen. Deshalb ist eine Politik gefragt, die mehr auf individuelle Eigenverantwortung und weniger auf Einkommensbelastungen setzt.

So prognostizieren wir den Steuerzahler-Gedenktag

Der Steuerzahlergedenktag basiert auf Schätzungen durchschnittlicher Einkommensbelastungsquoten von Privathaushalten. Dazu nutzen wir detaillierte Daten aus Haushaltsbefragungen des Statistischen Bundesamts. Für die diesjährige Schätzung haben wir uns auf die neuesten "Laufenden Wirtschaftsrechnungen" (LWR) des Statistischen Bundesamts gestützt.

Im Rahmen dieser "Laufenden Wirtschaftsrechnungen" erhebt das Statistische Bundesamt regelmäßig und anonymisiert die Einnahmen und Ausgaben ausgewählter Privathaushalte. Diese Haushalte führen über einen längeren Zeitraum genaue Aufzeichnungen über ihre Finanzen. Die offiziellen Hochrechnungen dieser Daten bieten dann ein umfassendes und repräsentatives Bild der wirtschaftlichen Situation der Bürger. Das Statistische Bundesamt hat uns auch in diesem Jahr wieder einen erweiterten Zugang zu den Ergebnissen gewährt.

Da die Auswertung dieser Haushaltsbefragungen zeitaufwendig ist, beziehen sich die neuesten verfügbaren Daten auf das Jahr 2021. Basierend auf dieser soliden Datengrundlage haben wir Hochrechnungen für das Jahr 2023 erstellt, um den diesjährigen Steuerzahlergedenktag zu ermitteln.

Einkommen

Bezüglich der Einkommensentwicklung der Haushalte gehen wir für den Zeitraum nach den Befragungen, also für die Jahre 2022 und 2023, von einem spürbaren Anstieg der durchschnittlichen Verdienste um 10,8 Prozent aus. Dieses Wachstum ist vor allem eine Folge der stark gestiegenen Inflation und weniger ein Ergebnis von Produktivitätszuwächsen.

Moderat steigende Einkommensteuerlasten

Die deutlich gestiegenen Bruttoeinkommen hätten infolge des progressiven Einkommensteuertarifs zu substanziell höheren Steuerlasten geführt, wenn nicht gleichzeitig die kalte Progression abgebaut worden wäre. Für diese Berücksichtigung der Inflation im Steuertarif hatte sich der Bund der Steuerzahler vehement eingesetzt. Ohne die hart umkämpfte Tarifreform 2023 wäre der diesjährige Steuerzahlergedenktag auf ein noch späteres Datum gefallen. So jedoch ist die durchschnittliche Einkommensteuerbelastung im Vergleich zum Vorjahr nur moderat gestiegen.

Steigende Sozialabgaben

Im Bereich der Sozialversicherungen (SV) wurden die üblichen Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung berücksichtigt. Darüber hinaus haben wir auch die Beiträge einbezogen, die Arbeitnehmer erwirtschaften und Arbeitgeber als zusätzliche Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen überweisen. Dies umfasst auch die Umlagen für den Mutterschutz, für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Insolvenzgeldumlage und Beiträge zur Unfallversicherung. Obwohl diese Beiträge formal von den Arbeitgebern an die Versicherungen überwiesen werden, haben Arbeitnehmer sie erwirtschaftet. Anders formuliert: Ohne die Arbeitgeberbeiträge und die Umlagen fielen die Bruttolöhne höher aus.

Insgesamt gibt es im Vergleich zum Befragungszeitraum 2021 einen klaren Anstieg der SV-Sätze. Lediglich die Beitragssätze der gesetzlichen Rentenversicherung und der (durchschnittlichen) Unfallversicherung sind konstant geblieben. Die aktuelle Insolvenzumlage ist auf das Vor-Corona-Niveau gesunken. Die Beitragssätze in der Arbeitslosenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung (Zusatzbeitrag und Umlagen) sowie in der gesetzlichen Pflegeversicherung (insbesondere für Kinderlose) sind höher als in den Vorjahren.

Die Einbeziehung von Sozialabgaben bei der Analyse von Einkommensbelastungen ist im Übrigen wissenschaftlich und international üblich. Selbst die regierungsnahe OECD berücksichtigt Sozialabgaben („social security contributions“) u. a. in ihrer Standardanalyse „Taxing Wages“.

Moderat sinkende indirekte Steuern

Kleinere Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr sind bei einigen indirekten Steuern zu erwarten. So sinkt die Umsatzsteuerlast geringfügig, weil der Steuersatz auf Erdgas und Fernwärme von 19 auf 7 Prozent gesenkt wurde. Der Konsum versteuerter Zigaretten ist leicht rückläufig. Zudem dürfte das in diesem Jahr deutlich zurückgehende Immobilien-Transaktionsvolumen zu geringeren Grunderwerbsteuerlasten führen.

Sinkende Quasisteuern

Die prognostizierten Belastungsquoten berücksichtigen auch die sogenannten Quasisteuern in Form des Rundfunkbeitrags und verschiedener Stromumlagen, die politisch bedingt sind, sodass die Bürger ihnen nicht ausweichen können. Der Rundfunkbeitrag ist im Vergleich zum Vorjahr zwar unverändert geblieben. Die diversen Stromumlagen sind hingegen per Saldo deutlich gesunken. Hauptgrund ist die formale Komplettabschaffung der EEG-Umlage zu Jahresbeginn. Diese Subvention von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erfolgt nun nicht mehr direkt über die Stromrechnung, sondern aus dem Bundeshaushalt. Eine echte Entlastung der Bürger und Betriebe ist also mit dem Wegfall der EEG-Umlage nicht verbunden.

Eine noch junge Quasisteuer ist die sogenannte CO2-Abgabe. Sie wird auf Kraft- und Heizstoffe erhoben. Dadurch steigen die Preise für Benzin und Diesel an der Tankstelle und auch die Preise für Erdgas und Heizöl. Diese CO2-Abgabe war als politische Vorstufe einer an sich begrüßenswerten Ausweitung des CO2-Zertifikate-Handels gedacht. Diese Abgabe sollte jährlich steigen, um schrittweise Anreize zu CO2-Vermeidungen zu setzen. Sie ist aber zum politischen Spielball geworden, indem die Sätze für 2023 gegenüber den ursprünglichen Beschlüssen deutlich gesenkt wurden. Dies dämpft zwar die diesjährigen Belastungsquoten. Zugleich zeigt sich darin jedoch eine Klimapolitik, die immer weniger auf Preissignale setzt, sondern auf dirigistische Vorgaben.

Hochrechnungen 2021/2023

Die aktuellen „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ betreffen wie erwähnt das Jahr 2021 und sind von uns auf das Jahr 2023 hochgerechnet worden (siehe Tabelle). Dargestellt sind die Einkommen und Belastungen eines durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalts mit Steuern und Abgaben.

Die Durchschnitts-Haushalte

Die rund 22 Millionen Arbeitnehmerhaushalte (Arbeiter, Angestellte und Beamte) in Deutschland bestehen im Durchschnitt aus 2,3 Personen. Sie setzen sich aus diversen Haushaltskonstellationen zusammen: von Single-Haushalten über Alleinerziehende und kinderlose Paare bis hin zu verschieden großen Familien und Wohngemeinschaften. Zudem sind diese Haushalte unterschiedlich stark in Teil- und Vollzeitbeschäftigungen tätig. Gemittelt über alle auftretenden Haushalts- und Erwerbskonstellationen bezieht dieser 2,3-Personen-Durchschnittshaushalt in diesem Jahr ein Monatsbruttogehalt von voraussichtlich 5.755 Euro. Hinzu kommen geringfügige Einkommen aus selbstständiger (Neben-)Tätigkeit sowie aus Vermögen wie Kapital- und Mieterträgen (insgesamt rund 133 Euro pro Monat).

Außerdem sind – als versteckte Erwerbseinkommen – die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung in Höhe von 1.225 Euro zu berücksichtigen, die der durchschnittliche Haushalt in diesem Jahr monatlich erarbeitet und die der Arbeitgeber zusammen mit den Arbeitnehmeranteilen an die einzelnen Sozialversicherungsträger überweist. Das Gesamteinkommen des repräsentativen Haushalts beträgt somit in diesem Jahr 7.113 Euro pro Monat.

Davon fließen 855 Euro als Einkommensteuern sowie insgesamt 2.254 Euro als Sozialversicherungsbeträge an den Staat. Diese Schätzungen basieren auf dem geltenden Einkommensteuertarif 2023 und den Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeitragsätzen unter Berücksichtigung der verschiedenen Haushaltskonstellationen. Für die Schätzung des Arbeitgeber-Sozialversicherungsbeitrags wurden Prognosen der Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute aus dem Frühjahr 2023 verwendet.

Die „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ des Statistischen Bundesamts liefern auch repräsentative Daten zum Konsumverhalten der Privathaushalte. Dadurch konnte das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) Prognosen zur Belastung mit indirekten Steuern und Quasisteuern für 2023 erstellen.

Insgesamt prognostizieren wir für das laufende Jahr, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt indirekte Steuern und Quasisteuern in Höhe von monatlich rund 637 Euro zahlt.

Zusammen mit den direkten Steuerlasten (885 Euro) und den Sozialversicherungsbeiträgen (2.254 Euro) beträgt die monatliche Gesamtlast demnach 3.746 Euro. Diese Summe wird aus einem Gesamteinkommen von 7.113 Euro bezahlt. Die Einkommensbelastungsquote 2023 beträgt somit voraussichtlich 52,7 Prozent. Rein rechnerisch arbeitet dieser Durchschnittshaushalt also die ersten 192 von 365 Tagen des Jahres 2023 für öffentliche Kassen. Damit fällt der Steuerzahlergedenktag in diesem Jahr auf Mittwoch, den 12. Juli.

Dank der Sonderauswertungen der Haushaltsdaten, die das Statistische Bundesamt für das DSi vorgenommen hat, lässt sich diese Durchschnittsquote noch in zwei Untergruppen unterteilen (siehe Tabelle).

Single-Haushalt

Ein alleinlebender Arbeitnehmer erarbeitet in diesem Jahr voraussichtlich ein Monatseinkommen von durchschnittlich 4.737 Euro. Davon werden 1.013 Euro für direkte und indirekte Steuern sowie 1.529 Euro für Sozialabgaben fällig. Seine Belastungsquote 2023 beträgt somit voraussichtlich 53,7 Prozent. Bis Samstag, den 15. Juli 2023, arbeitet er also für öffentliche Kassen.

Mehr-Personen-Haushalt

Alle Nicht-Single-Haushalte, also insbesondere Alleinerziehende sowie Paare ohne und mit Kindern, verfügen im Durchschnitt aller Haushaltskonstellationen in diesem Jahr voraussichtlich über ein Monatseinkommen von 8.318 Euro. Davon müssen 1.731 Euro für direkte und indirekte Steuern sowie 2.626 Euro für Sozialabgaben gezahlt werden. Daraus resultiert eine Belastungsquote von 52,4 Prozent. Somit arbeiten diese Haushaltsmitglieder rein rechnerisch bis Dienstag, den 11. Juli 2023, für den Staat.

Tabelle der durchschnittlichen Belastungen durch Steuern und Abgaben 2023