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Rentenbesteuerung: BFH zeigt drohende doppelte Besteuerung künftiger Rentnergenerationen auf

01.06.2021

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folge daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren, so der BFH.

Im Streitfall war der Kläger während seiner aktiven Erwerbstätigkeit überwiegend selbstständig als Steuerberater tätig. Auf seinen Antrag hin war er in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Er zahlte seine Rentenbeiträge größtenteils aus eigenem Einkommen. Dabei konnte er diese Aufwendungen nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen, also nur zum Teil "steuerlich absetzen". Seit 2007 erhält der Kläger eine Altersrente.

Im vorliegenden Verfahren wandte er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008. Das Finanzamt hatte – entsprechend der gesetzlichen Übergangsregelung – 46 Prozent der ausgezahlten Rente als steuerfrei behandelt und die verbleibenden 54 Prozent der Einkommensteuer unterworfen. Der Kläger hat eine eigene Berechnung vorgelegt, nach der er rechnerisch deutlich mehr als 46 Prozent seiner Rentenversicherungsbeiträge aus seinem bereits versteuerten Einkommen geleistet hat. Nach seiner Ansicht liegt deshalb eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung von Teilen seiner Rente vor. Das Finanzgericht sah dies anders und wies die Klage ab.

Auch der BFH ist der Auffassung des Klägers nicht gefolgt. Vielmehr hält er an seiner bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung fest, nach der sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Übergangsregelungen im Grundsatz verfassungskonform sind. Klar sei danach aber auch, dass es im konkreten Einzelfall nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen darf. Eine solche doppelte Besteuerung werde vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge.

Der Auffassung des Klägers, nach der die zwischen der früheren Beitragszahlung und dem heutigen beziehungsweise künftigen Rentenbezug eintretende Geldentwertung im Rahmen der Berechnung zu berücksichtigen sei, folgte der BFH nicht. Für eine solche Abweichung vom so genannten Nominalwertprinzip sah er weder im Einkommensteuerrecht noch im Verfassungsrecht eine Grundlage. Infolgedessen könnten Wertsteigerungen der Renten – unabhängig davon, ob sie inflationsbedingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen – besteuert werden.

Erstmals hat der BFH jetzt konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei hat er klargestellt, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.

Alle anderen Beträge, die die Finanzverwaltung ebenfalls als "steuerfreien Rentenbezug" in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberücksichtigt. Sie dienten anderen – überwiegend verfassungsrechtlich gebotenen und daher für den Gesetzgeber nicht dispositiven – Zwecken und könnten daher nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Damit bleibe insbesondere auch der so genannte Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen sichern soll, bei der Berechnung des "steuerfreien Rentenbezugs" unberücksichtigt. Für die Ermittlung des aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Teils der Rentenversicherungsbeiträge hat der BFH ebenfalls konkrete Berechnungsparameter formuliert.

Bei Anwendung dieser Berechnungsgrundsätze habe die Revision des Klägers keinen Erfolg haben können. Angesichts des noch recht hohen Rentenfreibetrags von 46 Prozent der Rentenbezüge des Klägers habe sich keine doppelte Besteuerung ergeben. Diese zeichne sich allerdings für spätere Rentnerjahrgänge, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rentnerjahrgänge hätten erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.05.2021, X R 33/19

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