Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    Kindergartenplatz: Landkreis muss Betreu...

Kindergartenplatz: Landkreis muss Betreuung von sechs Stunden nachweisen

23.07.2021

Das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen hat den Landkreis Göttingen verpflichtet, einem dreijährigen Kind ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung nachzuweisen. Zum Betreuungsumfang hat das Gericht – soweit ersichtlich bundesweit erstmalig – festgestellt, dass dieser mindestens sechs Stunden betragen müsse. Eine halbtägige Betreuung im Umfang von mindestens vier Stunden, wie sie landesrechtlich im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) geregelt sei, genüge nicht, um den bundesrechtlich begründeten Anspruch zu erfüllen.

Die Eltern hatten ihr Kind im Dezember 2020 für einen Kindergartenplatz in der Gemeinde Staufenberg angemeldet. Weil es deutlich mehr Anmeldungen als Plätze gab, erteilte ihnen keine der Tageseinrichtungen eine Zusage. In der Folgezeit bemühten sich die Eltern vergeblich gegenüber dem Landkreis und der Gemeinde um einen Betreuungsplatz. Daraufhin suchten sie bei Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel nach, der Landkreis möge ihrem Kind einen Kindergartenplatz verschaffen.

Im Gerichtsverfahren bot der Landkreis dem Kind einen Betreuungsplatz in den Gemeinden Niemetal und Rosdorf an. Beide Plätze sah das Gericht als ungeeignet an, um den Anspruch des Kindes auf Förderung in einer Tageseinrichtung zu erfüllen.

Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, habe bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch sei auf einen bedarfsgerechten Ganztagsplatz gerichtet (§ 24 Sozialgesetzbuch VIII). Diesen Anspruch erfüllten die angebotenen Plätze nicht. Beide seien unzumutbar weit vom Wohnsitz der Familie entfernt, da die Wegstrecke mit dem privaten Pkw mindestens 35 Minuten pro Weg betrage. Welche Entfernung zwischen Wohnort und Kindertagesstätte zumutbar sei, hänge von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Eine längere Wegestrecke als 30 Minuten sei aber grundsätzlich unzumutbar.

Zum Betreuungsumfangs hat das VG festgestellt, dass dieser nicht nur bei werktäglich mindestens vier Stunden (Halbtagsplatz), sondern bei mindestens sechs Stunden (Dreivierteltagsplatz) liege. Eine halbtägige Betreuung im Umfang von mindestens vier Stunden, wie sie landesrechtlich im KiTaG geregelt sei, sei nicht ausreichend, um den bundesrechtlich begründeten Anspruch zu erfüllen. Denn Tageseinrichtungen sollten den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Dieser Funktion werde ein Halbtagsplatz nicht gerecht. Andererseits bestehe kein Anspruch auf einen Ganztagsplatz (acht oder neun Stunden), weil der Bundesgesetzgeber für die Ganztagsbetreuung eine bloß objektiv-rechtliche Hinwirkungspflicht formuliert habe.

Der Anspruch auf Nachweis des Kindergartenplatzes richte sich gegen den Landkreis Göttingen als örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Die von ihm mit seinen Gemeinden geschlossene öffentlich-rechtliche Vereinbarung, wonach die Gemeinden den Rechtsanspruch auf Förderung sicherstellten, ändere an der Leistungsverpflichtung des Landkreises im Außenverhältnis zu den Kindern nichts. Ob die vorhandenen Kapazitäten erschöpft seien, spiele keine Rolle. Denn der Jugendhilfeträger sei dazu verpflichtet, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte bereitzustellen. Um eine Klärung in einem Hauptsacheverfahren zu ermöglichen, hat das Gericht die Antragstellerin verpflichtet, eine entsprechende Klage zu erheben.

Gegen den Beschluss kann der Landkreis Göttingen Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen.

Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 22.07.2021, 2 B 122/21

Mit Freunden teilen