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Notar: Darf sich bei Nachlassverzeichnis-Erstellung nicht allein auf Angaben des Erben verlassen

18.05.2021

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat die Pflichten des Notars bei Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses konkretisiert und dabei unter anderem klargestellt, der Notar dürfe sich bei der Erstellung des Verzeichnisses nicht allein auf Angaben des Erben verlassen.

Wer als Enterbter einen Pflichtteilsanspruch hat, hat gegenüber dem tatsächlichen Erben einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass. Nach § 2314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass das Nachlassverzeichnis durch einen Notar aufgenommen wird. Welche Ermittlungen der Notar dabei durchführen muss, konkretisiert das OLG Celle in zwei Fällen.

Im ersten Fall hatte der Erblasser seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Sein pflichtteilsberechtigter Sohn verlangte von seiner Stiefmutter ein notarielles Nachlassverzeichnis. Ein ihm von einem Notar im Auftrag der Erbin übergebenes Verzeichnis hielt er für nicht ausreichend, weil der Notar sich teilweise nur auf die Angaben der Erbin verlassen und keine eigenen Ermittlungen durchgeführt habe.

Das OLG Celle hat ihm Recht gegeben und die Erbin zur Vorlage eines neuen notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt. Ein notarielles Nachlassverzeichnis solle eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten. Deshalb müsse der Notar den Bestand des Nachlasses eigenständig ermitteln. Dabei habe er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein Pflichtteilsberechtigter allgemein für erforderlich halten würde. Diesen Anforderungen sei der Notar bislang nicht gerecht geworden. Zu Bankguthaben, Wertpapierdepots und möglichen Steuerrückerstattungen hätte er selbst bei den in Betracht kommenden Banken und dem zuständigen Finanzamt nachfragen müssen. Unterlagen des Erblassers hätte er nach Anhaltspunkten für weitere Vermögensgegenstände durchsehen und auch den Inhalt eines Bankschließfachs selbst sichten müssen. Schenkungen, die der Erblasser vor seinem Tod vorgenommen hatte, habe der Notar nicht genügend aufgeklärt. Auch sonst seien verschiedene Angaben in dem Nachlassverzeichnis unvollständig. Abschließend stellte das OLG das Recht des Klägers fest, bei der Aufstellung des Verzeichnisses hinzugezogen zu werden.

Im zweiten Fall hatte die verstorbene Mutter ihren Sohn zum alleinigen Erben eingesetzt. Die pflichtteilsberechtigte Tochter verlangte ein notarielles Nachlassverzeichnis. In dieses Verzeichnis nahm der Notar lediglich auf Angaben des Sohnes hin auf, dass nur zwei Bankkonten mit näher bezeichneten Guthaben vorhanden seien und der Sohn von seiner Mutter vor deren Tod eine Schenkung in Höhe von 50.000 Euro erhalten habe. Tatsächlich existierten aber zumindest vier weitere Konten bei derselben Bank, von denen die Tochter erst später Kenntnis erlangte. Sie verlangte deshalb die Vorlage eines neuen Nachlassverzeichnisses.

Das LG Hannover hatte die Klage zunächst abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben beide Geschwister den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem das OLG die Rechtslage mit ihnen erörtert und der Sohn seine Schwester ermächtigt hatte, selbst Auskünfte bei der Bank einzuholen. Die Kosten des Rechtsstreits legte das OLG beiden Geschwistern gleichermaßen auf. Das vorgelegte Nachlassverzeichnis sei zwar unzureichend, weil der Notar sich nur auf die Angaben des Sohnes verlassen und keine eigenen Nachforschungen angestellt hatte. Zumindest hätte er von sich aus bei der ihm bekannten Bank nach weiteren Konten nachfragen müssen.

Andererseits seien diese Konten der Schwester zwischenzeitlich bekannt gewesen. Zudem habe sie mit ihrer Klage Ermittlungen des Notars dazu erreichen wollen, ob sich aus Kontobewegungen Hinweise auf Schenkungen ergäben. Dieses Anliegen greife zu weit. Der Notar sei zwar möglicherweise verpflichtet gewesen, Kontoauszüge im Hinblick auf angegebene Verwendungszecke oder Auffälligkeiten zu überprüfen. Er hätte solche Auffälligkeiten aber nicht inhaltlich daraufhin bewerten müssen, ob sie Hinweise auf Schenkungen enthielten. Abschließend wies das OLG darauf hin, dass sich ein Notar seinen Gebührenanspruch erst mit der ordnungsgemäßen Erstellung des Nachlassverzeichnisses "verdient" habe.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 29.10.2020, 6 U 34/20 sowie Beschluss vom 25.03.2021, 6 U 74/20

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