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Liposuktion bei Lipödem: Erleichterter Abzug außergewöhnlicher Belastungen

23.10.2020

Das Finanzgericht (FG) Sachsen hat über den Abzug von Kosten einer Liposuktion (Fettabsaugung) bei einer Lipödemerkrankung als außergewöhnliche Belastung entschieden. Diese Kosten können danach als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt. Ein vorheriges amtsärztliches Gutachten sei – abweichend von der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung – nicht mehr erforderlich.

Die Klägerin litt seit vielen Jahren unter einem Lipödem des Stadiums I und ließ im Jahr 2017 auf ärztliche Empfehlung eine Liposuktion durchführen, die von ihrer Krankenkasse nicht bezahlt wurde. Auch das Finanzamt verweigerte die Anerkennung der (fünftstelligen) Kosten als außergewöhnliche Belastung, weil die Liposuktion bei Lipödem eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode" sei und die Klägerin nicht – wie bei solchen Methoden gesetzlich gefordert – vor der Operation ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung eingeholt habe. Damit folgte das Finanzamt der bisherigen Rechtsprechung.

Das FG Sachsen gab hingegen der Klägerin Recht, weil sich der Stand der Wissenschaft im Jahr 2017 gewandelt habe: Die Liposuktion bei Lipödem sei keine Schönheitsoperation, sondern diene der Linderung der durch die Erkrankung verursachten Beschwerden und der Vermeidung von Folgeerkrankungen. Die Liposuktion werde von nahezu allen mit dieser Krankheit befassten Wissenschaftlern als risikoarme Behandlungsmethode angesehen, von der die Patientinnen profitierten. Es handele sich nicht (mehr) um eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode", sodass ein ärztliches Attest ausreiche. Die Richter begründeten dies mit den in der medizinischen Fachpresse veröffentlichen Beiträgen und den gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss im Verfahren zur Beurteilung der Liposuktion abgegebenen Stellungnahmen.

Auch wenn nach den Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.07.2017 und 19.09.2019 eine Liposuktion bis zum Abschluss der beschlossenen Erprobungsstudie weiterhin in der Regel keine Kassenleistung sein dürfte, könnten die Kosten aufgrund der Entscheidung des FG leichter steuerlich anerkannt werden. Es handele sich aber um eine Einzelfallentscheidung, die von den Finanzämtern nicht auf gleichgelagerte Fälle angewandt werden müsse, betont das Gericht.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage hat das FG die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Finanzgericht Sachsen, Urteil vom 10.9.2020, 3 K 1498/18, nicht rechtskräftig

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