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Internationaler Familienschutz in Deutschland: Auch bei Flüchtlingsstatus in anderem EU-Mitgliedstaat

20.11.2020

Die Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hindert nicht die Zuerkennung internationalen Familienschutzes im Bundesgebiet. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Dem Kläger, nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger, wurde in Italien internationaler Schutz zuerkannt. Hiernach reiste er in das Bundesgebiet ein, wo er einen weiteren Asylantrag stellte. Seinen drei minderjährigen Kindern, die nach ihm zusammen mit ihrer Großmutter nach Deutschland eingereist waren, wurde hier die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag des Klägers unter Bezugnahme auf die Schutzgewährung in Italien als unzulässig ab.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das BVerwG hat entschieden, dass die Unzulässigkeit eines Asylantrages bei Schutzgewähr durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (§ 29 Absatz 1 Nr. 2 AsylG) einer (erneuten) Schutzgewährung wegen dem Ausländer selbst drohender Verfolgungs- oder anderer Gefahren entgegensteht. Sie hindere aber nicht die Zuerkennung des von einem schutzberechtigten Familienangehörigen abgeleiteten internationalen Familienschutzes nach § 26 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 bis 3 AsylG.

Neben dem Ziel der Verfahrensvereinfachung diene § 26 AsylG dem Schutz der Familie und der Förderung der Integration der Familienangehörigen. Der deutsche Gesetzgeber habe die Vorgaben des Artikels 23 Absatz 2 der Anerkennungsrichtlinie (RL 2011/95/EU) bewusst überschießend durch die Einräumung eines Schutzstatus umgesetzt. Nach § 26 AsylG seien Familienangehörigen eines Schutzberechtigten nicht nur die in Art. 24 bis 35 RL 2011/95/EU genannten Leistungen, darunter die Erteilung eines Aufenthaltstitels, zu gewähren, sondern sei ihnen hierfür der asylrechtliche Status des Schutzberechtigten zuzuerkennen. Hiervon nehme § 26 AsylG Familienangehörige, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz erhalten haben, unabhängig davon nicht aus, in welcher Reihenfolge die Familienmitglieder eingereist sind.

§ 29 Absatz 1 Nr. 2 AsylG bezwecke zwar die Unterbindung unerwünschter Sekundärmigration; dieser könne aber im Fall der Weiterwanderung zum Zwecke der Wiederherstellung der Familieneinheit wegen der Rechte aus Artikel 23 RL 2011/95/EU unionsrechtlich wirksam nicht begegnet werden. Ein Nichtgebrauchmachen von bestehenden Möglichkeiten der Familienzusammenführung im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren (Dublin-Verfahren) führe nach dem Unionsrecht nicht dazu, dass sich ein eigenmächtig weitergereistes Familienmitglied nicht mehr auf die Rechte aus Artikel 23 RL 2011/95/EU berufen könnte.

Die statusrechtliche Begünstigung des bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat Schutzberechtigten stehe auch im Einklang mit Artikel 3 RL 2011/95/EU, da seine Situation wegen des schutzwürdigen Interesses, den Familienverband zu wahren, grundsätzlich einen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweise.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.11.2020, BVerwG 1 C 8.19

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