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Fernseh-Profilerin: Muss kritische Anmerkungen eines Wissenschaftlers hinsichtlich ihrer Arbeitsweise hinnehmen

06.08.2021

Eine "Profilerin", die echte Verbrechen und Verbrecher im Fernsehen analysiert, muss kritische Anmerkungen eines Wissenschaftlers hinsichtlich ihrer Arbeitsweise hinnehmen, wenn sie ersichtlich dazu dienen, die Allgemeinheit darüber aufzuklären, dass die Darstellungen im Rahmen der Fernsehserie nach Ansicht des Wissenschaftlers nicht wissenschaftlichen Standards genügen. Die Profilerin habe in einem solchen Fall keinen Anspruch auf Unterlassen der kritischen Aussagen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.

Die Antragstellerin bezeichnet sich als "Profilerin". In dieser Funktion tritt sie in der Fernsehserie eines privaten Fernsehsenders auf und analysiert in kurzen Stellungnahmen echte Verbrechen und Verbrecher. Der Antragsgegner ist Direktor der zentralen Forschungs- und Dokumentationseinrichtung des Bundes und der Länder für kriminologische Forschungsfragen. Gegenstand des Verfahrens sind Äußerungen des Antragsgegners gegenüber einer großen deutschen Tageszeitung im Rahmen eines redaktionell-kritischen Artikels über die "True-Crime-Fernsehsendung", in der die Antragstellerin auftritt. Der Antragsgegner äußerte dort unter anderem, dass die Antragstellerin "Schwindel" betreibe, "in höchstem Maße unseriös" arbeite, ihre Arbeit "mit wissenschaftlich fundierter...Herangehensweise nichts zu tun" habe und sie "pseudowissenschaftliche Wortschöpfungen" verwende.

Das Landgericht hatte die auf Unterlassen der zitierten Aussagen gerichteten Eilanträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Ihre sofortige Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Antragstellerin könne nicht verlangen, dass der Antragsgegner die angegriffenen Aussagen unterlasse, bestätigte dieses.

Ein wettbewerblicher Unterlassungsanspruch scheitere bereits daran, dass hier keine geschäftliche Handlung vorliege. Der Antragsgegner habe die Äußerungen als Fachmann und Wissenschaftler gegenüber einer führenden Tageszeitung im Rahmen eines redaktionellen, kritischen Artikels getätigt. Sein Verhalten habe damit nicht vorrangig der Förderung der von ihm selbst beziehungsweise der von ihm geleiteten Forschungseinrichtung angebotenen Leistungen gedient, sondern der redaktionellen Unterrichtung der Öffentlichkeit. Es fehlten auch Anhaltspunkte dafür, dass die fachlich-wissenschaftliche Zielsetzung der Äußerungen nur vorgeschoben gewesen und es dem Antragsgegner in Wahrheit doch vorrangig um die Absatzförderung eigener Leistungen gegangen sei.

Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts berufen. Es handelte sich bei den angegriffenen Angaben um zulässige Werturteile. Sie stellten sich im Kontext des Artikels auch nicht als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin überwiege hier nicht das Recht des Antragsgegners auf freie Äußerung seiner Meinung. Zu berücksichtigen sei auch, dass die kritischen Anmerkungen ersichtlich dazu dienten, "die Allgemeinheit darüber aufzuklären, dass die Darstellungen im Rahmen der Fernsehserie nach Ansicht des Antragsgegners wissenschaftlichen Standards nicht genügen".

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.07.2021, 6 W 64/21, unanfechtbar

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