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Ämterpatronage in Göttingen ahnden!

Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e. V. / Presseinformation 16.11.2021, Jan Vermöhlen

Bund der Steuerzahler fordert Disziplinarverfahren gegen Ex-OB Rolf-Georg Köhler

Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen hat das Niedersächsische Innenministerium als Kommunalaufsichtsbehörde ersucht, ein Disziplinarverfahren gegen den Ende Oktober 2021 ausgeschiedenen Oberbürgermeister der Stadt Göttingen einzuleiten.

„Nach der klaren und deutlichen Rüge des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zu einem Bewerbungsverfahren in der Universitätsstadt liegt der Verdacht eines oder mehrerer Dienstvergehen durch den Ex-OB Rolf-Georg Köhler nahe“, erklärt Vorsitzender Bernhard Zentgraf. Die vom Gericht zurückgewiesene manipulative Gestaltung des Bewerbungsverfahrens für die lukrative Stelle der Fachbereichsleitung Personal und Organisation müsse disziplinarisch geahndet werden. Darüber hinaus müsse Köhler für die Prozesskosten zu Lasten der Stadt in Regress genommen werden, nachdem er drei Mal mit seinem gleichen Besetzungsvorschlag erstinstanzlich wegen Bewerbungsverfahrensfehlern ausgebremst und nun auch vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg in die rechtlichen Schranken gewiesen wurde.

Gleich drei Mal – im September 2017, im Mai 2018 und im Mai 2019 – schrieb die Stadt Göttingen die Stellenleitung ihres Fachbereichs Personal und Organisation aus, berichtet der Bund der Steuerzahler.

Aus den vier internen und 21 externen Bewerbungen der ersten Ausschreibung wählte die Stadt Göttingen die persönliche Referentin des Oberbürgermeisters aus. Auf Antrag eines externen Bewerbers musste die Besetzung jedoch rückgängig gemacht werden. Beim zweiten Versuch im Jahr 2018 schrieb die Stadt die Stelle lediglich intern erneut aus. Es gingen drei Bewerbungen ein, darunter diejenige der persönlichen Referentin, die seit April 2018 als Personalreferentin im Referat des Oberbürgermeisters tätig war. Wieder untersagte das Verwaltungsgericht Göttingen auf Antrag einer unterlegenen Bewerberin, die Stelle mit der Referentin zu besetzen. Die Auswahlentscheidung der Stadt sei aller Voraussicht nach rechtswidrig, befand das Gericht.

Im Mai 2019 schrieb die Universitätsstadt die inzwischen auf Besoldungsgruppe A16 (Grundgehalt bis 7.636 Euro monatlich) angehobene Stelle einer leitenden städtischen Direktorin erneut aus, wiederum nur begrenzt auf interne Bewerberinnen und Bewerber. Aus den zwei eingehenden Bewerbungen schlug der Oberbürgermeister Ende 2020 vor, die ausgeschriebene Stelle mit der Personalreferentin aus seinem OB-Referat zu besetzen. Die unterlegene Bewerberin – eine Städtische Rätin und seit 1986 in den Diensten der Stadt – ersuchte daraufhin das Verwaltungsgericht Göttingen um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung, dass Auswahlverfahren über die Gestaltung des Anforderungsprofils der neuen Stelle sei missbräuchlich gesteuert worden. Dem gab das Gericht am 25. Mai 2021 statt.

Trotz der nunmehr dritten erstinstanzlichen Niederlage zog die Stadt Göttingen unter Leitung des früheren Oberbürgermeisters Rolf-Georg Köhler vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg und erfuhr dort mit Urteil vom 3. November 2021 eine gerichtliche Zurückweisung des gesamten Auswahlverfahrens. Die Verfahrensgestaltung sei - so das OVG - manipulativ gewesen, die konkrete Gestaltung der Auswahlentscheidung nicht sachlich begründet, sondern nur vorgeschoben und das Auswahlverfahren missbräuchlich gesteuert worden, um eine einzelne Bewerberin zu begünstigen.

Der Bund der Steuerzahler sieht nach den Feststellungen des OVG Lüneburg den naheliegenden Verdacht, dass der frühere Oberbürgermeister der Stadt Göttingen seine Dienstpflichten schwerwiegend verletzt hat. Er habe Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes („Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“) und einschlägige Beamtengesetze grob missachtet und damit der Integrität und dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schweren Schaden zugefügt.

Zudem habe er durch mutwillig herbeigeführte Prozesskosten, die bislang zu Lasten der städtischen Kasse gehen, gegen die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstoßen. Die Kommunalaufsicht wird deshalb vom Bund der Steuerzahler schon jetzt angehalten, auf die Stadt Göttingen dergestalt einzuwirken, dass diese alle nötigen vorbereitenden Schritte zur Haftungsinanspruchnahme des früheren Oberbürgermeisters einleitet. „Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dürfen letztlich nicht für die entstandenen Prozesskosten geradestehen müssen“, fordert Zentgraf.

Als Disziplinarstrafen gegen Ruhestandsbeamte kommen Kürzungen des Ruhegehaltes, Zurückstufung oder Aberkennung des Ruhegehaltes in Betracht. Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler hat der 69-jährige Göttinger Ex-OB aus seiner lediglich sieben Jahre währenden Amtszeit einen lebenslangen Pensionsanspruch von 3.931 Euro monatlich.

 

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