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Prüferin eines Kesselgehäuses: Haftet nicht für spätere Kraftwerksexplosion
Die Beklagte hatte Gehäuseteile einer Kesselumwälzpumpe im Kohlekraftwerk untersucht, in dem es zwei Jahr später zu einer Explosion gekommen war. Die selbst verkehrssicherungspflichtige Betreiberin könne sich gegenüber der Beklagten nicht auf eine unvollständige bzw. fehlerhafte Prüfungen berufen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. Da das beschädigte Material vernichtet worden sei, sei auch nicht der Nachweis geführt worden, dass die behauptet pflichtwidrig durchgeführte Prüfung kausal für die Explosion geworden sei.
Die Parteien streiten um Regressansprüche aufgrund einer Explosion in einem Steinkohlekraftwerk im Mai 2014. Damals zerbarst eine Kesselumwälzpumpe. Das Gehäuse der Pumpe war ein drucktragendes Bauteil aus Stahl. Die Beklagte hatte – als Subunternehmerin – bei einer Routineuntersuchung von Gehäuseteilen 2012 mittels Ultraschalls keine Risse festgestellt. 2012 änderte die Betreiberin aufgrund der Energiewende die Betriebsweise des Kraftwerkes. Die Kraftwerksfahrweise wurde flexibilisiert; es kam häufiger zu Lastwechseln und damit verbundenen Schwankungen der Druck- und Temperaturzustände. Am Unglückstag hatten mehrere Lastwechsel stattgefunden. Es kam im Bereich eines Ermüdungsrisses zum Bruch des Gehäuses und einer Explosion. Diese führte zu erheblichen Schäden an den Gebäudeteilen und dem Austreten von Trümmerteilen durch die Gebäudehülle. Personen wurden nicht geschädigt.
Die Klägerin, eine Versicherung, nimmt nun aus abgetretenem Recht unter anderem der Betreiberin und der Versicherung die Beklagte auf Schadensersatz von gut 65 Millionen Euro in Anspruch. Sie meint, die Prüfung sei fehlerhaft ausgeführt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung führte nicht zum Erfolg. Die Beklagte hafte nicht auf Schadensersatz, entschied das OLG. Mangels direkter vertraglicher Beziehung kämen allein deliktische Ansprüche in Betracht.
Die Klägerin werfe der Beklagten die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Form einer unvollständigen Prüfung und darauf basierender Anfertigung eines unvollständigen Prüfprotokolls vor. Die Betreiberin sei indes selbst verkehrssicherungspflichtig und müsse die Betriebssicherheit des Kraftwerts sicherstellen und aufrechterhalten. Da diese Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Beklagte übergegangen sei, könne sie sich gegenüber der Beklagten nicht auf eine derartige Verletzung berufen.
Soweit die Klägerin sich auf unterlassene weitere Prüfungen berufe, die mittelbar zur Explosion geführt haben sollen, lägen die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung nicht vor. Die konkreten Verantwortungsbereiche der Beteiligten sprächen nicht für eine Garantenstellung der Beklagten. Darüber hinaus habe die Klägerin auch nicht bewiesen, dass die von ihr behauptete Pflichtverletzung kausal für den späteren Schaden gewesen sei. Die Klägerin sei insoweit voll beweispflichtig; Raum für Beweiserleichterungen bestehe nicht.
Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Kesselumwälzpumpe je nach Betriebsart verschiedenen Temperatur- und Druckzuständen ausgesetzt war, die wiederum zu verschiedenen Belastungszuständen und dadurch verursachten Materialbelastungen führen. Zudem habe die Betreiberin wesentliche Bruchstücke vernichtet und damit eine Überprüfung verhindert; auch die Betriebsdaten hätten nicht mehr vollständig vorgelegen. Vorgerichtlich vorgenommene sachverständige Werkstoffuntersuchungen hätten nicht klären können, ob ein Riss zum Zeitpunkt der Prüfung durch die Beklagte vorhanden gewesen sei. Für ein weiteres Gutachten habe keine Veranlassung bestanden, meint das OLG.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 04.09.2024, 9 U 58/22, nicht rechtskräftig