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Online-Partnervermittlung: Hat bei Vertragswiderruf lediglich Anspruch auf zeitanteiligen Wertersatz

21.06.2021

§ 656 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach dem durch einen Heiratsvermittlungsvertrag kein Vergütungsanspruch des Vermittlers begründet wird, ist auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag nicht entsprechend anwendbar. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.

Die Beklagte betreibt eine Online-Partnervermittlung. Die Klägerin erwarb für 265,68 Euro eine so genannte Premium-Mitgliedschaft mit einer Laufzeit von zwölf Monaten und wurde ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Sie forderte die Beklagte auf, sofort mit der Ausführung der Leistungen zu beginnen. Daraufhin erhielt sie ein zum Leistungsumfang gehörendes, automatisiert auf der Basis von Logarithmen erstelltes "Persönlichkeitsgutachten" sowie Partnervorschläge und konnte die Plattform vollumfänglich nutzen. Einen Tag später erklärte die Klägerin den Widerruf. Die Beklagte bestätigte diesen und machte zugleich einen Anspruch auf Wertersatz für bis zur Erklärung des Widerrufs erbrachte Leistungen in Höhe von 199,26 Euro geltend.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, an die Beklagte Wertersatz zu zahlen. Sie macht geltend, dass in entsprechender Anwendung des § 656 Absatz 1 Satz 1 BGB durch den Vertrag kein Vergütungsanspruch der Beklagten habe begründet werden können.

Das Amtsgericht (AG) hat festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, an die Beklagte 197,80 Euro zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht diesen Feststellungsausspruch auf 49,62 Euro reduziert. Im Übrigen blieben Berufung der Beklagten und Anschlussberufung der Klägerin ohne Erfolg.

Der BGH hat die Entscheidung des AG wiederhergestellt. Allerdings stehe der Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Wertersatz zu. Durch den Abschluss des Vertrages mit der Klägerin habe die Beklagte einen Vergütungsanspruch erlangt, sodass auch ein Anspruch auf Ersatz des Wertes ihrer Leistungen gemäß § 351 Absatz 8 Satz 1 BGB begründet werden konnte, ohne dass es darauf ankomme, dass die Klägerin die Vergütung noch nicht gezahlt hatte. § 656 Absatz 1 BGB stehe dem nicht entgegen. Denn die Norm sei auf diesen Vertrag nicht anwendbar.

§ 656 Absatz 1 BGB bestimme, dass durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe eine Verbindlichkeit nicht begründet wird, das aufgrund des Versprechens Geleistete jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden kann, weil keine Verbindlichkeit bestanden hat. Der BGH hat eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zunächst auf den Eheanbahnungs- und schließlich auf den Partnerschaftsanbahnungsvertrag angenommen.

Dies hat er damit begründet, dass nach dem Zustandekommen der Ehe oder Partnerschaft die Honorarklage aus solchen Verträgen die Intimsphäre der Kunden ebenso beeinträchtigen würde wie bei einer Klage auf den so genannten Ehemäklerlohn. Gerichtliche Auseinandersetzungen seien vor allem dann zu erwarten, wenn die Bemühungen des Vermittlers erfolglos geblieben seien, sodass häufig mit dem Einwand zu rechnen sei, der Vermittler habe seine vertraglichen Pflichten nicht gehörig erfüllt, indem er auf die in Frage kommenden Partner nicht intensiv genug eingewirkt oder Personen benannt habe, die überhaupt nicht an einer Partnerschaft interessiert oder als Partner nicht geeignet seien.

Diese Gründe gölten für den verfahrensgegenständlichen Vertrag über eine "Online-Partnervermittlung" jedoch nicht. Dort bestehe die Leistungspflicht der Beklagten vor allem darin, ihren Kunden einen unbeschränkten Zugang zu der von ihr betriebenen Plattform zu gewähren, auf der diese aus eigener Initiative einen Kontakt zu möglichen Partnern herstellen können. Zwar stelle auch die Beklagte ihren Kunden Partnervorschläge zur Verfügung. Diese beruhten aber allein auf einem elektronischen Abgleich der nicht näher überprüften eigenen Angaben der Kunden. Eine individuelle, persönliche Auswertung finde nicht statt. Auch eine Gewähr für die Richtigkeit dieser Angaben und damit für die Qualität der Vorschläge übernehme die Beklagte nicht. Es bestünden daher keine Anhaltspunkte dafür, dass durch einen Rechtsstreit über den Vergütungsanspruch der Beklagten in die Intimsphäre ihrer Kunden in einer Weise eingegriffen würde, die vergleichbar mit der Situation bei einem herkömmlichen Partnerschaftsvermittlungsvertrag wäre. Gleiches gelte für das so genannte Persönlichkeitsgutachten, das ebenfalls automatisiert erstellt wird.

Der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz für die von ihr erbrachten Leistungen aus § 357 Absatz 8 Satz 1 BGB betrage jedoch lediglich 1,46 Euro. Der Wertansatz sei aus den bereits im Urteil des BGH vom 06.05.2021 (III ZR 169/20) dargelegten Gründen zeitanteilig zu berechnen. Nach diesen Vorgaben belaufe sich der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz auf den genannten Betrag (265,68 Euro : 365 x 2 = 1,46 Euro).

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.06.2021, III ZR 125/19

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