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Massenverfahren in der Ziviljustiz: Bundesrechtsanwaltskammer fordert schlüssiges Gesamtkonzept

24.03.2023

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat eine Stellungnahme zum Thema "Massenverfahren in der Ziviljustiz – Gesetzgeberische Maßnahmen zur Entlastung und Verfahrensbeschleunigung" veröffentlicht, in der sie Fragen aufwirft und Kritik äußert – insbesondere an den geplanten Erleichterungen zum Ausschluss der Öffentlichkeit und der Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne Zustimmung der Parteien.

Die Belastung der Ziviljustiz beziehungsweise einzelner Gerichte durch so genannte Massenverfahren habe in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Ein Beispiel hierfür seien die Dieselverfahren, die bundesweit die Gerichte vor große Herausforderungen stellen, erläutert die BRAK. Jedes Verfahren müsse jeweils genauestens gerichtlich geprüft, verhandelt und entschieden werden. Vielfach hätten die Richter daher Entlastung gefordert. Insgesamt sei sich die BRAK der Tatsache bewusst, dass einzelne Gerichte durch Massenverfahren stark in Anspruch genommen werden. Dies sei allerdings weder durch die Anwaltschaft verursacht und noch dürfe es zum Anlass genommen werden, prozessuale Grundsätze zu verkürzen oder zu "verwässern".

Erforderlich sei ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie das Phänomen Massenschäden und die daraus folgenden Klagen von der Justiz in einem praktikablen aber gleichzeitig auch rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechenden Verfahren bewältigt werden kann. In diesem Zusammenhang müssten entsprechende Daten erhoben und erforderliche Statistiken (Wie viele Massenverfahren gibt es? Bei welchen Gerichten gehen diese ein? Wie viele werden durch Klage- oder Berufungsrücknahme erledigt und wie viele durch Versäumnis-, Anerkenntnis- und/oder Endurteil entschieden?) veröffentlicht und vorgelegt werden. Zudem stelle sich die Frage, wie die Untersuchung zum Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten mit einer Überlastungssituation zusammenpasst.

Vorabentscheidungsverfahren beim Revisionsgericht und Aussetzungsmöglichkeit für Folgeverfahren seien zu befürworten.

Die Möglichkeit, in Massenverfahren auch ohne Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, lehnt die BRAK ab – ebenso eine Konzentration der Beweisaufnahme. Rechtsstaatlich höchst bedenklich sei zudem ein leichterer Ausschluss der Öffentlichkeit zur schnelleren Bearbeitung von Massenverfahren. Der Grundsatz der Öffentlichkeit sei eine fest verankerte Prozessmaxime, erinnert die BRAK. Ebenfalls ablehnend steht die Kammer der Einführung des elektronischen Basisdokuments im Rahmen eines strukturierten Parteivortrags entgegen sowie einer Beschränkung des Umfangs und/oder der Anzahl der Schriftsätze.

Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 23.03.2023

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