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Stadt Dortmund: Muss weiterhin Vortragsveranstaltung von Daniele Ganser in der Westfalenhalle ermöglichen
Die Stadt Dortmund bleibt verpflichtet, Räumlichkeiten der Westfalenhalle für die Durchführung der am 27.03.2023 geplanten Veranstaltung "Vortrag Daniele Ganser – Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen " zur Verfügung zu stellen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen entschieden.
Die Stadt Dortmund hatte die Überlassung der Halle für die Veranstaltung im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, frühere Äußerungen des Vortragenden seien als antisemitisch einzustufen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte dem Eilantrag der Veranstalterin stattgegeben. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Stadt, die vor dem OVG keinen Erfolg hatte.
Bei der Westfalenhalle handele es sich um eine öffentliche Einrichtung, so das OVG. Stellt eine Kommune diese im Rahmen der jeweiligen Widmung für die Durchführung von bestimmten Veranstaltungen zur Verfügung, entstehe dadurch ein Gleichbehandlungsanspruch, der die Entscheidungsfreiheit der Kommune, in welchem Umfang sie Zugang zu ihrer Einrichtung gewährt, begrenzt. Ihre Vergabepraxis und -entscheidung müsse durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.
Die streitige Veranstaltung bewege sich im Rahmen des Widmungszwecks. Die Westfalenhalle sei von der Stadt für Veranstaltungen aller Art gewidmet worden. Das ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag der von der Stadt "beherrschten" Westfalenhallen Dortmund GmbH. In Umsetzung des weiten Widmungszwecks habe die Stadt die Westfalenhalle auch bereits am 14.11.2021 für eine Veranstaltung mit dem Vortragenden zu einem politischen Thema zur Verfügung gestellt.
Der Zweck der Widmung sei entgegen der Auffassung der Stadt nicht durch den Ratsbeschluss vom 21.02.2019 eingeschränkt worden, mit dem sich der Rat der "Grundsatzerklärung des Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund vom 18.01.2019"angeschlossen hatte. In dieser Erklärung heiße es, "dass Organisationen, Vereinen und Personen, die etwa den Holocaust leugnen oder relativieren, die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren, zu antijüdischen oder antiisraelischen Boykotten aufrufen, diese unterstützen oder entsprechende Propaganda verbreiten (zum Beispiel die Kampagne ,Boycott – Divestment – Sanctions [BDS]‘) oder die anderweitig antisemitisch agieren, keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt werden".
Die damit verbundene Nutzungsversagung verstößt laut OVG in dieser Allgemeinheit, soweit sie über einen (deklaratorischen) Ausschluss strafbaren Verhaltens hinausgeht, gegen die Meinungsfreiheit, weil sie an Meinungsäußerungen mit einem bestimmten Inhalt anknüpft. In die Meinungsfreiheit dürfe grundsätzlich nur durch ein allgemeines Gesetz eingegriffen werden. Darunter seien Gesetze zu verstehen, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sondern dem Schutz eines ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen. Bei dem Ratsbeschluss handele es sich schon um kein Gesetz. Unabhängig davon umfasse er auch solche Meinungskundgaben, die nicht strafbar sind.
Es bestünden auch sonst keine sachlichen Gründe für die Versagung der Hallennutzung, etwa wegen zu erwartender Rechtsverstöße bei der konkreten Veranstaltung. Dass eine Gefahr strafbarer Äußerungen des Vortragenden besteht, sei dem Vorbringen der Stadt nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.03.2023, 15 B 244/23, unanfechtbar