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Grillgeschäft: Darf vorerst wieder öffnen

18.03.2021

Eine Gewerbetreibende, die Grills und Grillprodukte verkauft, darf ihren Laden vorläufig ohne die zusätzlichen Beschränkungen betreiben, die § 3a Absatz 1 Satz 1 Nr. 22 der hessischen Corona-Kontakt-Betriebsbeschränkungsverordnung (CoKoBeV) vorsieht. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main in einem Eilverfahren entschieden. Ansonsten bestehe eine nicht gerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung gegenüber Garten-, Bau- und Heimwerkermärkten, zu denen Kunden ohne das "click and meet"-Verfahren und ohne die strengere Quadratmeterregelung Zugang hätten.

Die Antragstellerin betreibt ein Geschäft zur Ausstellung und Vertrieb von Grills, Grillzubehör sowie Produkten im Zusammenhang mit dem Thema Grillen. Sie verfügt über ein umfassendes Hygienekonzept für ihre circa 280 Quadratmeter große Verkaufsfläche. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Garten-/Bau-/Heimwerkermarkt. Die Antragstellerin sieht sich durch die besonderen Beschränkungen nach § 3a Absatz 1 Satz 2 Nr. 22 CoKoBeV in einem erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Garten-, Bau- und Heimwerkermärkten, zu denen die Kunden ohne das "click and meet"-Verfahren und ohne die strengere Quadratmeterregelung Zugang hätten. Sie hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegenüber dem zuständigen Kreis als auch gegenüber der Gemeinde, in deren Gebiet sich die Verkaufsstelle befindet, beantragt.

Das VG hat daraufhin festgestellt, dass die Antragstellerin ihre Filiale ohne zusätzliche Betriebsbeschränkungen betreiben darf. Gegen die zusätzlichen Betriebsbeschränkungen nach § 3a Absatz 1 Satz 2 Nr. 22 CoKoBeV bestünden erhebliche rechtliche Bedenken. Zur Zulässigkeit des Antrags führt das VG aus, dass die CoKoBeV selbstvollziehend sei und die Antragstellerin nicht erst einen Verwaltungsakt abwarten müsse, um dagegen vorzugehen. Auch sei es ihr nicht zuzumuten, eventuell erst ein Bußgeld abzuwarten, um dann in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren eine Überprüfung der Regelung zu erreichen.

Der Normbefehl in § 3a Absatz 1 Satz 1 Nr. 22 CoKoBeV verstoße sowohl gegen Vorgaben des Europarechts als auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes und könne auch nicht geltungserhaltend ausgelegt werden, so das VG weiter. Durch die Erklärung der Nichtanwendbarkeit von Normen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) werde gegen europarechtliche Vorgaben, wie sie in der DS-GVO ihren Niederschlag gefunden haben, verstoßen. Unter keinen erdenklichen Gesichtspunkten sei die Hessische Landesregierung ermächtigt, Akte der europäischen Gesetzgebung pauschal für nicht anwendbar zu erklären.

Es sei auch die Differenzierung der gebildeten Gruppen von Verkaufsstellen in § 3a Absatz 1 Nr. 18, 20 und 21 CoKoBeV einerseits und in § 3a Absatz 1 Satz 2 Nr. 22 CoKoBeV andererseits nicht nachvollziehbar. In der allgemeinen Begründung heiße es dazu, dass Bau- und Heimwerkermärkte nunmehr dem offenstehenden Einzelhandel zugerechnet würden und damit dem erweiterten Versorgungsbedarf der Bevölkerung angesichts der nunmehr bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels dienten. Diese Argumentation weise keinen infektionsschutzrechtlichen Bezug auf und könne daher keine Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Verkaufsstätten rechtfertigen. Es komme zu Wettbewerbsverzerrungen, da identische Produkte unter unterschiedlichen Konditionen angeboten würden, so das VG. Die Unterscheidung von Garten- und Baumärkten einerseits und der Verkaufsstelle der Antragstellerin mit dem Grillsortiment andererseits sei nicht nachvollziehbar. Die Unterscheidung zwischen diesen Betriebsstätten mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Möglichkeiten, die Verkaufsstellen zu betreten, sei rechtsstaatlich nicht begründbar.

In Bezug auf die "aktuelle epidemiologische Situation" lasse sich auch nicht einmal ansatzweise erkennen, warum bei Gartenmärkten, Blumenläden, Bau- und Heimwerkermärkten einerseits die Regelung gelte, dass "auf die ersten 800 Quadratmetern Verkaufsfläche höchstens eine Person je angefangener Verkaufsfläche von zehn Quadratmetern und auf die folgenden 800 Quadratmeter höchstens eine Person je angefangenen 20 Quadratmeter" eingelassen werden dürfe, die Antragstellerin andererseits aber höchstens einer Person je angefangener Verkaufsfläche von 40 Quadratmetern Zutritt gewähren dürfe. Das Argument der "bereits zweieinhalbmonatigen Schließung des Einzelhandels" habe keinen infektionsschutzrechtlichen Bezug und sei daher für die getroffenen Differenzierungen sachfremd.

Zweifel hat das VG auch an der Sinnhaftigkeit des "click and meet"-Verfahrens, zumal eine Anmeldung direkt vor Ort nicht ausgeschlossen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die nach § 3 CoKoBeV in jedem Fall erforderlichen Hygieneregeln in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht nicht ausreichend seien.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, 5 L 623/21.F, nicht rechtskräftig

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