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Entgelte für electronic cash-Zahlungen: Kartellamt muss Einsicht in seine Unterlagen gewähren
Das Bundeskartellamt muss einer Betreiberin von Tankstellen Einsicht in die nichtöffentliche Fassung eines kartellrechtlichen Beschlusses gewähren, soweit dies für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen zu hoher Entgelte für electronic cash-Zahlungen erforderlich ist. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.
Die Klägerin betreibt bundesweit Tankstellen, an denen ihre Kunden mit der Girocard bargeldlos bezahlen können. Für die Autorisierung dieser Zahlungen erheben die kartenausgebenden Banken ein Entgelt. Dessen Höhe wurde bis 2014 durch eine Preisvereinbarung mehrerer Beigeladener festgelegt. Wegen dieser Absprache leitete das Bundeskartellamt ein Kartellverfahren gegen die Beigeladenen ein. Das Verfahren endete mit ihren Verpflichtungserklärungen, die Entgelte für electronic cash-Zahlungen künftig individuell auszuhandeln. Die Verpflichtungserklärungen erklärte das Bundeskartellamt mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss vom 08.04.2014 für verbindlich.
Die klagende Tankstellenbetreiberin beantragte ohne Erfolg beim Bundeskartellamt, ihr vollständige Einsicht in den Beschluss des Amtes sowie verschiedene Dokumente aus den ihm zugrunde liegenden und weiteren Kartellverwaltungsverfahren zu gewähren, und erhob beim Verwaltungsgericht Klage. Außerdem machte die Klägerin in einem zivilgerichtlichen Verfahren Schadensersatzansprüche gegen mehrere Beigeladene geltend, weil sie aufgrund kartellrechtswidriger Preisabsprachen überhöhte Entgelte für die Zahlungen mit der Girocard habe entrichten müssen.
Das Landgericht wies diese Klage ab. Die Berufung ist beim Kammergericht anhängig. Das Verwaltungsgericht hat der Klage auf Informationszugang nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) überwiegend stattgegeben. Unter Abänderung dieses Urteils hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Beklagte verpflichtet, der Klägerin gemäß dem zwischenzeitlich geänderten Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unter teilweiser Auslassung von Angaben und unter Schwärzung von personenbezogenen Daten Einsicht in die sonst ungeschwärzte nichtöffentliche Fassung des Beschlusses des Bundeskartellamts zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das BVerwG hat die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3. gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Es weist zunächst darauf hin, dass ihm als Rechtsmittelgericht die Prüfung des von dem Beigeladenen zu 3. bestrittenen verwaltungsgerichtlichen Rechtswegs verwehrt war. Ein Anspruch der Klägerin auf Informationszugang folge aus § 56 Absatz 5 GWB als vorrangiger Regelung zum IFG.
Diese während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene bereichsspezifische Regelung zum Informationszugang, die die Einsicht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses in das Ermessen des Bundeskartellamts stellt, verstoße weder gegen EU-Vorschriften noch gegen nationales Verfassungsrecht. Der Anspruch nach § 56 Absatz 5 GWB bestehe neben Offenlegungsansprüchen, die im Rahmen gerichtlicher Verfahren zur Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen vorgesehen sind. Für die Beurteilung des Anspruchs sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich.
Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse für die Einsicht in den Beschluss des Bundeskartellamts dargelegt. Sie möchte den Bescheid für das von ihr betriebene zivilrechtliche Schadensersatzverfahren nutzen. Die Feststellungen des OVG, ein Grund für die Versagung der Einsicht in den Beschluss bestehe nur hinsichtlich der Angaben zu Sicherheitsvorkehrungen während der electronic cash-Transaktion, sind nicht zu beanstanden. Auch gegen die Annahme des OVG, nur die Gewährung der Einsicht im Übrigen erweise sich als eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, hat das BVerwG keine bundesrechtlichen Bedenken.
Schließlich habe das OVG den geltend gemachten Anspruch auf Einsicht in verschiedene weitere Dokumente aus Kartellverwaltungsverfahren ohne Verstoß gegen revisibles Recht verneint. Soll die Akteneinsicht der Erhebung eines Schadensersatzanspruchs wegen eines kartellrechtlichen Verstoßes dienen, begrenze § 56 Absatz 5 Satz 3 GWB die Einsicht auf bestimmte Entscheidungen des Bundeskartellamts, hier den Beschluss vom 08.04.2014.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.04.2025, 10 C 2.24