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Bordelle in Baden-Württemberg: Dürfen wieder öffnen

21.06.2021

In Baden-Württemberg dürfen ab dem 21.06.2021 vorerst wieder Prostitutionsstätten betrieben werden. Dies hat eine Bordellbetreiberin mit einem Eilantrag gegen das in der Corona-Verordnung des Landes enthaltene Verbot erreicht.

Der Betrieb von Prostitutionsstätten ist in Baden-Württemberg seit dem 02.11.2020 aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen in der Corona-Verordnung der Landesregierung untersagt. Auch in den so genannten Öffnungsstufen 1 bis 3, die für zahlreiche Betriebe und Veranstaltungen bei einer dauerhaften Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 und einer sinkenden Tendenz der Infektionszahlen weitere Lockerungen regeln (§ 21 Absätze 1, 2 und 3 der Corona-Verordnung), ist eine Öffnung der Prostitutionsstätten nicht vorgesehen.

Hiergegen wandte sich die Betreiberin einer Prostitutionsstätte aus dem Bezirk des Regierungspräsidiums Karlsruhe mit einem Eilantrag. Sie brachte vor, das landesweite, pauschale Betriebsverbot für Prostitutionsstätten sei ein rechtswidriger Eingriff in ihre Grundrechte.

Die Landesregierung machte dagegen geltend, sie habe geprüft, ob in den Öffnungsstufen Raum für eine Öffnung der Prostitutionsbetriebe sei. Das habe sie bisher abgelehnt, weil bei diesen Betrieben ein stark erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Auch in anderen Bundesländern dürften Prostitutionsstätten noch nicht öffnen, so etwa in Bayern. Gegenwärtig sei eine grundlegende Überarbeitung der Corona-Verordnung spätestens zum 28.06.2021 geplant, in deren Rahmen eine weitere Öffnungsstufe eingeführt werden solle. Vorbehaltlich der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens sollten in dieser neuen Öffnungsstufe der Verordnung insbesondere auch Prostitutionsstätten, die bei der letzten Öffnungsrunde noch nicht hätten berücksichtigt werden können, aufgegriffen werden.

Der VGH Baden-Württemberg gab dem Eilantrag statt und setzte § 15 Absatz 1 Nr. 17 der Corona-Verordnung (in der Fassung vom 03.06.2021), soweit die Vorschrift Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen betrifft, mit Ablauf des 20.06.2021 vorläufig außer Vollzug. Das seit November 2020 bestehende Verbot des Betriebs von Prostitutionsstätten sei inzwischen unverhältnismäßig. Das Infektionsgeschehen habe sich wesentlich verbessert. Zwar könnten aufgrund der nach wie vor bestehenden Infektionslage weiterhin normative Maßnahmen zur weiteren Eindämmung der Pandemie erfolgen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin wiege jedoch außerordentlich schwer, da es sich um ein Totalverbot handele, das in aller Regel keine Ausnahmen zulasse.

An der inzwischen bestehenden Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Vorschrift ändere auch der Umstand nichts, dass die Öffnung von Prostitutionsstätten vor dem Hintergrund der dort angebotenen sexuellen Dienstleistungen zu – im Vergleich zu anderen körpernahen Dienstleistungsbereichen auch gesteigerten – Infektionsgefahren führen könne. Diese Gefahren könnten Maßnahmen des Verordnungsgebers unterhalb der Schwelle zu einem vollständigen und ausnahmslosen Verbot rechtfertigen. Als geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen kämen insoweit beispielsweise normative Vorgaben zur Aufstellung und zur Kontrolle von Hygienekonzepten in Betracht. Dazu könnte auch eine nach Infektionszahlen differenzierende, auf einen etwaigen Wiederanstieg der Zahlen reagierende Regelung zählen. Ein undifferenziertes und wesentlich eingriffsintensiveres Totalverbot sei im Vergleich dazu beim aktuellen Stand des Pandemiegeschehens nicht mehr verfassungskonform.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2021, 1 S 1868/21, unanfechtbar

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