Artikeldienst 09/2024
Finanzverwaltung veröffentlicht Grundsteuer-Transparenzregister
Geheime Verschlusssache
Millionen-Asyl an der Landsberger Allee
Berlin ächzt unter den Flüchtlingszahlen und sucht händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten. Aktuell ist vom Land Berlin die Anmietung der drei Hotelhochhäuser an der Landsberger Allee 203 geplant. Andere Stimmen fordern stattdessen gleich den Kauf der Liegenschaft. Um die Kosten wird vom Senat Geheimniskrämerei betrieben. Klar ist schon jetzt: Sie dürften utopisch ausfallen.
Laut einer Antwort des Senats an das Abgeordnetenhaus, soll der Hochhauskomplex des derzeitigen City Hotel Berlin East im zweiten Halbjahr 2025 als Unterkunft für Flüchtlinge in Betrieb genommen werden. Geplant ist eine Belegung mit bis zu 1.200 Personen. Darüber hinaus plane das Landesamt für Flüchtlinge in der Liegenschaft für den Zeitraum vom 01.11.2024 bis zum 30.06.2025 die Anmietung von 780 Plätzen in Hotelzimmern zur Notbelegung mit „Asylbegehrenden“. Diese Maßnahmen stehe aber aktuell noch unter Haushaltsvorbehalt, heißt es.
Nicht öffentlich beantworten wollte der Senat allerdings die Fragen zur Höhe der Kosten für den Umbau, die jährliche Miete für den Komplex sowie die Gesamtkosten für den Komplex. Bei der entsprechenden Anlage zu der Drucksache handle es sich um eine Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung, da die Kenntnisnahme von vereinbarten Vertragsinhalten und Kostenpositionen durch Unbefugte für das Interesse des Landes Berlin nachteilig sein könne. Lediglich verrät die Antwort des Senats, dass eine Anmietung des Objekts für zehn Jahre bis zum 2034 geplant sein. Nicht ganz eindeutig klar wird aus der Formulierung der Drucksache, ob sich diese Planungen des Senats nur noch auf die Länge der Anmietung beziehen oder auch darauf, ob überhaupt angemietet werden soll.
Geheime Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch?
Der rbb hatte jedenfalls schon Ende August berichtet, dass das Land Berlin die drei Hochhäuser bereits angemietet hätte. Weiter wusste der rbb zu berichten, dass sich die Gesamtkosten für Anmietung und Umbau auf rund 140 Millionen Euro belaufen würden. Die B.Z. wiederum rechnet mit anderen Zahlen: Die monatliche Miete beliefe sich auf rund 602.000 Euro plus Nebenkosten von 247.000 Euro plus 8886 Euro Management-Vergütung für die landeseigenen Immobilienverwalter von der BIM. Somit komme man auf 120 Millionen Euro bis Ende 2034. Der Bund der Steuerzahler käme nach diesen Zahlen übrigens „nur“ auf knapp 103 Millionen. Ob sich die Differenz aus etwaigen Umbaukosten ergibt, bleibt unklar. Ansonsten weiß die B.Z. noch von einer Fläche von 25.100 Quadratmetern zu berichten, die das Hotel haben soll.
Ansonsten zitieren die Zeitungen aus einer Berichtsvorlage des Senats an den Hauptausschuss, in der die landeseigene Berliner Immobilienmanagement (BIM) ausführt, dass unter Berücksichtigung eines kalkulatorischen Restwerts nach 10 Jahren von 52,9 Millionen Euro ein Vorteil der Ankaufsvariante von 37,7 Millionen Euro ergebe. Gegenüber einer „Variante II“ ergebe sich ein Vorteil von immerhin 46,3 Millionen Euro. Je nach Finanzierungskosten könne der Ankauf aber auch unwirtschaftlich sein. Was diese Variante II beinhaltet und die erwähnten Anlagen bleiben auch hier wieder im Geheimen verborgen.
Der Bund der Steuerzahler hat einmal hin und her gerechnet: Legt man die vom rbb genannten Gesamtkosten für Anmietung und Umbau von rund 140 Millionen Euro für zehn Jahre und die von der B.Z. genannte Fläche zugrunde, kommt man auf monatlich Kosten von 46,48 Euro pro Quadratmeter (140.000.000 Euro / 120 Monate / 25.100 m² = 46,48 Euro/m²).
46 Euro Wohnkosten pro Quadratmeter?
Selbst bei den von der B.Z. genannten Gesamtkosten von 120 Millionen Euro bis 2034 wären es noch 39,84 Euro pro Monat und Quadratmeter (120.000.000 Euro / 120 Monate / 25.100 m² = 39,84 Euro/m²).
Verteilt man die Gesamtkosten alternativ auf die von der Bild genannte Anzahl von 473 Zimmern, kommt man auf Kosten zwischen 2.114 und 2.467 Euro pro Monat und Zimmer (140.000.000 Euro / 120 Monate / 473 Zimmer = 2.466,53 Euro/Zimmer). Deren Größe errechnet sich mit 53 Quadratmetern (25.100 m² / 473 Zimmer = 53,01 m²/Zimmer). Verteilt auf die Anzahl der Flüchtlinge ergeben sich monatliche Kosten von 833 bis 972 Euro pro Kopf (140.000.000 Euro / 120 Monate / 1.200 Personen = 972,22 Euro/Person), wohlgemerkt bei nur knapp 21 Quadratmetern je Flüchtling (25.100 m² / 1.200 Personen = 20,92 m²/Person).
2.467 Euro für 53 Quadratmeter?
Auch der Rückschluss auf einen denkbaren Kaufpreis ist nur indirekt möglich. Wenn die Kaufvariante um 37,7 Millionen Euro günstiger ist, als die Mietvariante mit angeblichen Kosten von 140 Millionen Euro, lägen wir bei 102,3 Millionen Euro Kosten. Davon müssten auch noch die angenommenen Betriebskosten abgezogen werden, die über die zehn Jahre bezahlt werden müssen, aber nicht mit dem Kaufpreis. Die B.Z. hatte hier 255.886 Euro pro Monat genannt, also 30,7 Millionen in zehn Jahren. Knapp 10,20 Euro Betriebskosten pro Monat und Quadratmeter erscheinen dem Bund der Steuerzahler allerdings vergleichsweise hoch. Könnten aber dann angenommen werden, wenn die Bewohner keine Motivation haben Heiz- und Wasserkosten zu sparen. Dann liegen wir bei 71,6 Millionen Euro.
Der Kaufpreis könnte dann um den kalkulatorischen Restbuchwert von 52,9 Millionen höher liegen, also bei rund 124,5 Millionen Euro abzüglich der Umbaukosten in unbekannter Höhe. Nehmen wir diesen Gesamtbetrag von 124,5 Millionen Euro für Kaufpreis und Umbau an, ergäbe sich bei einer Fläche von 25.100 Quadratmetern ein Quadratmeterpreis von 4.960 Euro (124,500.000 Euro / 25.100 m² = 4.960 Euro/m²). Der kalkulatorische Restbuchwert entspräche dann im Jahr 2034 einem Quadratmeterpreis von 2.107 Euro (52.900.000 Euro / 25.100 m² = 2.107,57 Euro/m²). Zu dem Kauf hinzu kämen dann noch die Betriebskosten in den nächsten 10 Jahren.
Kauf- und Umbaukosten von 4.960 Euro pro Quadratmeter?
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, hält solche Beträge für schwer vermittelbar: „Auch wenn diese Angaben nur grob, ohne Zins- und Zeitkomponenten, mit vielen Annahmen und ohne Inflationserwartungen gerechnet sind, kommen wir auf Zahlen, die wohl zu einigem Unmut unter den Bürgern führen könnte. Dass der Senat hier ein ‚öffentliches Interesse an der Geheimhaltung‘ dieser ‚Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch‘ sieht, wundert mich gar nicht.“
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