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Fahrradboxen am Klausenerplatz

Bund der Steuerzahler Berlin e. V. / Meldungen 31.05.2021

Überteuerte Schaufenster für Fahrraddiebe

Seit Anfang Mai können sich 50 Anwohner des Klausenerplatzkiezes darüber freuen, einen exklusiven Stellplatz in den neu errichteten Fahrradabstellboxen anmieten zu können. Der Bund der Steuerzahler fragte beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf nach den Kosten. Nicht nur die Zahlen überraschen.

Im Kiez rund um den Klausenerplatz ist mit den neuen Fahrradboxen eines der politischen Ziele aus dem Berliner Mobilitätsgesetz des rot-rot-grünen Senats Wirklichkeit geworden. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf teilte dem Bund der Steuerzahler auf Anfrage mit, dass neun Boxen mit insgesamt 50 Plätzen errichtet worden sind. Es gibt sie mit vier und mit sechs Fahrradabstellplätzen. 

Die Gesamtkosten seien noch nicht vollständig abgerechnet, lägen laut Bezirksamt aber voraussichtlich bei 130.000 Euro brutto. Größter Kostenpunkt seien die Baukosten. Trotz Ausschreibung sei aufgrund der Kleinteiligkeit der Maßnahme und guten Auslastung der Bauunternehmen kein günstigerer Anbieter gefunden worden. Die Finanzierung erfolge vollständig durch das Land Berlin aus dem Titel „Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs“. 

Die Fahrradgaragen dienten der Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes, heißt es in der Aktenauskunft weiter. Zu dessen Vorgaben zählten, dass dem Umweltverbund bei der Umsetzung von Baumaßnahmen ein Vorrang eingeräumt werde und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten wie Fahrradboxen im öffentlichen Raum errichtet werden. Weitere Fahrradboxen seien jedoch nicht geplant, obwohl zahlreiche Anfragen auch aus anderen Teilen des Bezirks vorliegen würden.

Erstaunt zeigte sich der Bund der Steuerzahler allerdings über die Vermietungsregelungen. Nach Angaben des Bezirksamts werden die Fahrradboxen für neun Euro verpachtet und zwar pro Jahr und für alle neun Fahrradboxen zusammen! Dafür obliege dem Pächter Reinigung, Verkehrssicherungspflicht etc. Zudem schreibe der Pachtvertrag dem Pächter vor, dass die Einnahmen für die Vermietung der Abstellplätze die Ausgaben für die Bewirtschaftung nicht wesentlich übersteigen dürften. Zur Höhe der Miete wird Bezirksbaustadtrat Oliver Schruoffenegger (Grüne) in der Berliner Woche zitiert: Neun Euro, allerdings pro Platz und Monat!

Für den Pächter kalkulieren sich demnach jährliche Mieteinnahmen von insgesamt 5.400 Euro abzüglich der Pacht an das Bezirksamt von immerhin neun Euro, womit gut 100 Euro pro Jahr für die Bewirtschaftung eines Fahrradstellplatzes an einem Anlehnbügel unter einem Dach aus Stahl und Polycarbonat zur Verfügung stehen. 

Wie grundsätzlich immer, fragte der Bund der Steuerzahler auch nach der haushaltsrechtlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Auch hier verblüfft die Antwort aus dem Bezirksamt. Das Vorhaben sei ein Pilotprojekt, weshalb keine Betriebserfahrungen vorlägen, anhand derer eine Wirtschaftlichkeitsberechnung sinnvoll durchführbar wäre. Es ließe sich aber ohne Aufstellung einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erkennen, dass die Deckung der laufenden Kosten aus den Einnahmen möglich erscheint, ein relevanter Beitrag der Nutzenden zu den Investitionskosten allerdings nicht zu erwarten sei. Müssten die Nutzenden einen Beitrag in relevanter Höhe leisten, müssten sie mehr zahlen als sie bereit sind. Das bedeute, die Boxen würden nicht genutzt und die nach Mobilitätsgesetz geforderten verkehrspolitischen Ziele der Erleichterung des Radfahrens im Alltag anstelle des Autofahrens und die damit verbundenen Verbesserungen des Lebensumfeldes würden somit nicht erreicht, schlussfolgert das Bezirksamt weiter. 

Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, versucht sich an einer Übersetzung: „Weil die Verwaltung keine Zahlen hat, hat sie einfach gleich auf die vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung verzichtet. Das macht aber nichts, weil ohnehin jedem sofort klar ist, dass niemand bereit ist, den vollständigen Preis für so einen Fahrradstellplatz zu zahlen. Weil Rot-Rot-Grün diese Fahrradboxen aber haben will, werden die dann einfach aus dem Steueraufkommen gesponsert.“ 

Kraus rechnet die wahren Kosten daher ganz anders aus. Er geht davon aus, dass die neun Euro Monatsmiete für einen Stellplatz komplett für die Bewirtschaftung durch den Pächter draufgehen: „Hinzurechnen müsste man dann eigentlich auch noch über 20 Euro pro Monat an Abschreibung je Stellplatz für die Boxen, wenn man von einer Haltbarkeit von hoffentlich 10 Jahren ausgeht. Eine Nutzungsgebühr für die Straße wäre dann aber immer noch nicht enthalten.

Andererseits ist nach Meinung von Kraus eine Kaltmiete selbst von neun Euro monatlich für rund einen Quadratmeter zugigen Fahrradstellplatz teurer, als eine sanierte Altbauwohnung nach dem gefloppten Mietendeckel hätte kosten dürfen. Kraus hält daher Baukosten von durchschnittlich 14.444 Euro pro Fahrradbox für erstaunlich teuer: „Immerhin ist die Polycarbonathülle einigermaßen feuer- und schlagfest und wird daher Fahrraddieben lange einen guten Einblick auf ihre Beute liefern. Ich bin sicher, dass diese Burschen auch die Fahradboxen aufbekommen!“

Weiterhin sieht Kraus ein Gerechtigkeitsproblem. Eine kleine Minderheit von 50 Leuten belegt im öffentlichen Straßenland exklusive, geschützte Stellplätze, für die das Land den Großteil der Kosten übernimmt, selbst wenn sie bei Benutzung des Fahrrads leer steht.

 

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