Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    "Werk mit umstrittenem Inhalt": Autor mu...

"Werk mit umstrittenem Inhalt": Autor muss mit Einordnungshinweis einer Stadtbücherei leben

16.04.2025

Ein Einordnungshinweis, den die Stadtbücherei Münster in einem zur Ausleihe zur Verfügung gestellten Buch angebracht hat, verletzt nicht die Grundrechte des Autors des Buchs. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster entschieden und einen Eilantrag des Autors abgelehnt.

Die Stadtbücherei Münster versah zwei Bücher ihres Bestands mit einem Einordnungshinweis, der wie folgt lautet: "Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt." Hiergegen war der Autor eines der betroffenen Bücher nicht einverstanden. Er verlangte die Entfernung sowie die zukünftige Unterlassung entsprechender Hinweise in seinen Büchern.

Sein Eilantrag hatte keinen Erfolg. Der Einordnungshinweis sei von der gesetzlichen Aufgabenzuweisung für öffentliche Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen, denen unter anderem ein Bildungsauftrag zukomme, gedeckt. Die Stadtbücherei Münster dürfe zu den von ihr zur Ausleihe bereitgestellten Werken inhaltlich Stellung nehmen. Dies gelte sowohl in positiver Hinsicht – beispielsweise in Form von Leseempfehlungen für einzelne Werke – als auch in negativer Hinsicht in Form kritischer Hinweise. Mit dem gesetzlichen Auftrag wäre es hingegen nicht vereinbar, eine öffentliche Bibliothek darauf zu beschränken, Medien allein passiv zur Ausleihe bereit zu stellen.

Eine besondere gesetzliche Grundlage für den Hinweis sei nicht erforderlich, weil der Hinweis den Autor nur mittelbar-faktisch beeinträchtige und weder von seiner Intensität noch von seinen Wirkungen einem zielgerichteten Grundrechtseingriff gleichstehe.

Einer Neutralitätspflicht, wie sie die Rechtsprechung bei Äußerungen von Hoheitsträgern über politische Parteien annehme, unterliege die Stadtbücherei im Verhältnis zum Antragsteller nicht. Vielmehr müsse sie insofern die Anforderungen des Sachlichkeitsgebots wahren, die im vorliegenden Fall erfüllt seien. Der Einordnungshinweis stelle ein Werturteil dar, das auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass in dem Buch des Antragstellers mehrere gesicherte historische Ereignisse – etwa die Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki oder die bemannten Mondlandungen – negiert würden. Die Negierung historischer Fakten könne ohne Weiteres dahingehend gewürdigt werden, dass der Inhalt umstritten sei.

Anhaltspunkte dafür, dass der Einordnungshinweis auf sachfremden Erwägungen beruhe, weil neben dem Buch des Antragstellers bislang nur ein weiteres Buch einen entsprechenden Hinweis erhalten habe, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei es nicht willkürlich, dass die Stadtbücherei die Werke im Wesentlichen anlassbezogen prüfe, das heißt, wenn sich Nutzer der Bücherei – wie im vorliegenden Fall – darüber beschwerten oder sie sonstige Hinweise auf einen umstrittenen Inhalt erhalte.

Der Einordnungshinweis erweise sich schließlich auch nicht als unverhältnismäßig. Ein Autor von Thesen, die historische Fakten negierten, müsse aushalten, dass dieser Umstand von öffentlichen Bibliotheken im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags zum Anlass genommen werde, sich in sachlicher Form kritisch mit einem solchen Werk auseinanderzusetzen.

Der Autor kann noch Beschwerde gegen den Beschluss des VG einlegen. Dann würde das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entscheiden.

Verwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 11.04.2025, 1 L 59/25, nicht rechtskräftig

Mit Freunden teilen