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Weiterleitung einer Gerichtsentscheidung: Nicht ohne Anonymisierung

01.10.2021

Entscheidungen von Gerichten dürfen nicht weitergeleitet werden, wenn die Personen, um die es geht, namentlich genannt werden. Dies hält das Landgericht (LG) Köln unter Bezugnahme auf die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) fest, schlosss im konkreten Fall aber einen Schmerzensgeldanspruch des Betroffenen aus.

Der Kläger verlangt von der Stadt Bergisch Gladbach Schmerzensgeld, weil sie einen Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) in einem Rechtsstreit ohne Anonymisierung einem größeren Kreis von Interessierten zur Verfügung gestellt hat. Der Kläger war gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Bergisch Gladbach vorgegangen, mit der ihm wegen der Coronapandemie die Schließung seines Geschäftslokals auferlegt worden war. Er behauptet, die Übersendung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an weitere Mitarbeiter in anderen Kommunen zu deren Information mit seinem vollem Namen habe dazu geführt, dass die Entscheidung auch in seinem Interessenverband bekannt geworden sei, in dem er sich engagiert hatte. Dadurch sei er offenen Anfeindungen als "Corona-Leugner" ausgesetzt gewesen. Dieser Beschluss des Gerichts sei sogar zusammen mit einem Zettel mit der Aufschrift "Ihr seit es" unter den Scheibenwischer seines an seinem Wohnhaus geparkten Fahrzeugs gesteckt worden.

Der Kläger meint, ihm stehe nach Artikel 82 Absatz 1 DS-GVO ein Geldentschädigungsanspruch zu. Er macht Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 8.000 Euro geltend. Die Stadt Bergisch Gladbach ist der Ansicht, der Rechtsstreit des Klägers vor dem VG sei bereits Gegenstand der Berichterstattung in einer Tageszeitung und deshalb in der Öffentlichkeit bereits bekannt gewesen. Außerdem seien seine persönlichen Daten in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder geheim noch intim gewesen. Die Nachteile, die der Kläger erlitten haben will, seien nicht kausal auf die Weitergabe der Entscheidung zurückzuführen gewesen.

Das LG entschied nun, dass dem Kläger kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Stadt Bergisch Gladbach zusteht. Ein Anspruch ergebe sich zwar grundsätzlich aus Artikel 82 Absatz 1 DS-GVO. Danach stehe jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Die Übersendung des Beschlusses des VG Köln an Mitarbeiter anderer Kommunen verstößt nach Ansicht des LG Köln gegen die DS-GVO. Diesen Beschluss hätte die Stadt zumindest anonymisieren und dadurch die Identität des Klägers unkenntlich machen müssen.

Allerdings seien die vom Kläger geschilderten Beeinträchtigungen, Beschimpfungen und Herabsetzungen nicht notwendigerweise auf die Weiterleitung des Beschlusses durch Mitarbeiter der Stadt zurückzuführen gewesen. Dem Kläger stehe daher in diesem konkreten Fall kein Schadenersatz zu. Auch andere Geschäftsinhaber hätten sich gegen die Schließung gerichtlich zur Wehr gesetzt, sodass auch diese an den Beschluss hätten gelangen können. Zudem sei der Beschluss an Mitarbeiter anderer Kommunen gegangen. Diese seien selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen. Dem Kläger komme auch keine Möglichkeit der Beweiserleichterung zugute – diese sei nur im Rahmen der Prüfung des Verschuldens möglich.

Schließlich seien auch keine immateriellen Beeinträchtigungen des Klägers ersichtlich. Zwar solle eine abschreckende Wirkung dadurch erzielt werden, dass Verstöße zur Zahlung hoher Schmerzensgelder führen können. Zu einer uferlosen Häufung von Ansprüchen solle es aber nicht kommen – immerhin bestehe nach Artikel 83 DS-GVO auch die Möglichkeit, bei Verstößen Geldbußen in erheblichem Umfang zu verhängen.

Landgericht Köln, Entscheidung vom 03.08.2021, 5 O 84/21, nicht rechtskräftig

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