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Vorläufige Festsetzung von Erstattungszinsen: Kann nicht ermessensfehlerfrei aufgehoben werden

12.07.2022

Die vorläufige Festsetzung von Erstattungszinsen für Zeiträume ab 2019 kann nicht ermessensfehlerfrei aufgehoben und die Entscheidung über die Zinsfestsetzung ausgesetzt werden nach § 165 Absatz 1 Satz 4 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 165 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 AO. Dies hat das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden und fährt fort, dass eine auf Aufhebung eines Vorläufigkeitsvermerks zur Festsetzung von Erstattungszinsen gerichtete Klage nicht deshalb wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig sei, weil eine Änderung des Zinsbescheides zuungunsten der Kläger ohnehin nicht erfolgen kann. Denn der Kläger sei bereits durch die sich aus der Vorläufigkeit ergebende Rechtsunsicherheit beschwert.

Die Anordnung der Vorläufigkeit der Festsetzung von Erstattungszinsen hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes von 0,5 Prozent pro Monat sei ermessensfehlerhaft gewesen, hält das FG weiter fest. Denn bereits im Zeitpunkt der vorläufigen Festsetzung habe festgestanden, dass eine spätere Änderung der Steuerfestsetzung wegen § 176 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO ausschied.

Im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2017 vom 20.9.2019 waren Erstattungszinsen festgesetzt worden, die mit einem Vorläufigkeitsvermerk bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 0,5 Prozent pro Monat versehen waren. Gegen diesen Vorläufigkeitsvermerk richtete sich die Klage. Während des Klageverfahrens erging am 18.07.2021 der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), mit dem der Zinssatz nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab 2014 für verfassungswidrig, aber erst ab 2019 eine Neuregelung eingefordert wurde mit Frist bis 31.07.2022. Daraufhin änderte der Beklagte den angegriffenen Zinsbescheid in der Weise, dass er die Zinsfestsetzung aufhob und "teilweise" für Verzinsungszeiträume ab 2019 nach § 165 Absatz 1 Satz 4 AO aussetzte; ausgenommen waren vor der Veröffentlichung der Entscheidung festgesetzte Nachzahlungs- und Erstattungszinsen.

Das FG Hamburg hat die Klage trotz der Aussetzung des Zinsbescheides als zulässig angesehen, weil sich dadurch das klägerische Begehren nicht erledigt, sondern sogar verschlechtert habe. Statt einer vorläufigen Zinsfestsetzung in bezifferter Höhe, die eine Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 176 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO habe auslösen können, würden die Kläger nun ohne jegliche Zinsfestsetzung auf eine künftige Neuregelung verwiesen. Auch in der Sache haben die Kläger in voller Linie Recht bekommen. Mit der Aufhebung des Zinsbescheides und der Aussetzung der Zinsfestsetzung habe der Beklagte seine Ermessengrenzen überschritten und die Vorgaben des BMF-Schreibens vom 17.09.2021 zum Umgang mit der Entscheidung des BVerfG missachtet.

Darüber hinaus durfte die Festsetzung der Zinsen laut FG Hamburg nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen werden. Der diesbezügliche Klageantrag sei zulässig, weil von dem Vorläufigkeitsvermerk eine beschwerende Rechtsunsicherheit ausgehe, und habe auch in der Sache Erfolg. Bereits im Zeitpunkt der vorläufigen Festsetzung habe festgestanden, dass eine spätere Änderung wegen § 176 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO ausgeschieden sei.

Die Revision wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Sie wurde bereits eingelegt und läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 12/22.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 14.04.2022, 1 K 126/20, nicht rechtskräftig

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