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Vollstreckung einer Geldstrafe/-buße: Vollstreckende Behörde muss rechtliche Einordnung durch Entscheidungsbehörde anerkennen

07.10.2021

In der EU gilt der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen. Diesem steht es laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) entgegen, wenn die vollstreckende Behörde die rechtliche Einordnung der sanktionierten Verhaltensweise durch die Behörde, die die Entscheidung erlassen hat, in Frage stellt.

Wenn also die Entscheidungsbehörde es als "gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise" einordnet, wenn der Halter eines Kfz sich weigert, die Person zu benennen, die das Kfz bei der Begehung eines Straßenverkehrsdelikts gelenkt hat, so sei ihre Entscheidung, mit der die unterlassene Identifizierung geahndet wird, grundsätzlich zu vollstrecken, so der EuGH.

Im zugrunde liegenden Fall hatten österreichische Behörden gegen eine ungarische Staatsangehörige eine Geldstrafe von 80 Euro verhängt, weil sie die Person nicht benennen wollte, die ihr Kfz in Österreich gelenkt hatte, als mit diesem ein Straßenverkehrsdelikt begangen wurde. Das zuständige Kreisgericht in Ungarn bekam diese Entscheidung entsprechend dem Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen zur Vollstreckung übermittelt. Es bezweifelt aber, dass die österreichischen Behörden die unterlassene Identifizierung der Person, die das in Rede stehende Straßenverkehrsdelikt begangen hat, durch den Fahrzeugeigentümer richtig eingeordnet haben. Es hat daher den EuGH gefragt, ob es von der Entscheidung der österreichischen Behörden abweichen darf.

Der EuGH hat dazu mitgeteilt, dass die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats grundsätzlich verpflichtet sei, die übermittelte Entscheidung anzuerkennen und zu vollstrecken. Sie könne dies – abweichend von der allgemeinen Regel – nur dann verweigern, wenn einer der im Rahmenbeschluss ausdrücklich vorgesehenen Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung vorliegt. Sodann führt der Gerichtshof aus, dass der Rahmenbeschluss die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, einschließlich der "gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßenden Verhaltensweise", benennt, die ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit zur Anerkennung und Vollstreckung von übermittelten Entscheidungen führen, wenn sie im Entscheidungsstaat strafbar sind und "so wie sie in dessen Recht definiert sind“.

Folglich sei die Behörde des Vollstreckungsstaats grundsätzlich an die Beurteilung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung durch die Behörde des Entscheidungsstaats gebunden, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob diese Zuwiderhandlung unter eine der Kategorien von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit fällt. Wenn also die Behörde des Entscheidungsstaats eine Zuwiderhandlung als unter eine dieser Kategorien fallend einordnet, sei die Behörde des Vollstreckungsstaats grundsätzlich verpflichtet, die Entscheidung, mit der diese Zuwiderhandlung sanktioniert wird, anzuerkennen und zu vollstrecken. Das ungarische Kreisgericht dürfe danach die Anerkennung und Vollstreckung der ihm von den österreichischen Behörden übermittelten Sanktionsentscheidung nicht verweigern.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 06.10.2021, C-136/20

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