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Volksverhetzung durch Wahlplakate der Partei "Die Rechte": Verfahrenseinstellung wegen fehlender Täterermittlung nicht zu beanstanden

10.02.2022

Die im räumlichen Umfeld der Pforzheimer Synagoge im Mai 2019 angebrachten Wahlplakate der Partei "Die Rechte" erfüllten den Straftatbestand der Volksverhetzung. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe bekräftigt. Dem Antrag des Vorstandsvorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pforzheim, die Staatsanwaltschaft Karlsruhe zur Anklageerhebung gegen die Parteivorsitzenden oder zu weiteren Ermittlungen zu verpflichten, gab das OLG dennoch keine Folge, weil es die Einschätzung der Staatsanwaltschaft, individuell zu belangende Täter seien nicht zu ermitteln, als rechtlich nicht zu beanstanden angesehen hat.

Die Wahlplakate mit den Aufschriften "Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück! Schluss damit!" sowie "Wir hängen nicht nur Plakate!" hatten das OLG Karlsruhe bereits in der Vergangenheit beschäftigt. Nachdem die Staatsanwaltschaft Karlsruhe zunächst von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen und die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe diese Entscheidung bestätigt hatte, ordnete das OLG mit Beschluss vom 26.02.2020 auf einen Klageerzwingungsantrag des Antragstellers hin die Aufnahme von Ermittlungen an.

Zur Begründung führte es damals aus, es liege ausgesprochen nahe, dass das zuerst genannte Plakat nicht zu dem Zweck bei der Synagoge angebracht worden sei, Kritik am Staat Israel zu üben, sondern dass es sich um eine speziell gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland gerichtete Aussage handele, durch welche der Eindruck einer Bedrohung durch diese erweckt werden solle. Deshalb – und so bekomme das neben dem ersten angebrachte zweite Plakat "Wir hängen nicht nur Plakate!" seinen Sinn – signalisierten die Verfasser als Reaktion auf die behauptete Bedrohung Gewaltbereitschaft und kündigten – unter Einbindung des beworbenen Lesers – Selbstjustiz an.

Die in der Folge aufgenommenen Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mit Verfügung vom 07.05.2021 mangels hinreichenden Tatverdachts ein. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte bei der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe keinen Erfolg, weshalb der Antragsteller erneut Klageerzwingungsantrag beim OLG gestellt hat. Dieser Antrag wurde nunmehr als unbegründet verworfen.

Das OLG hat dabei zunächst seinen Beschluss vom 26.02.2020 ausdrücklich bestätigt, wonach die in Pforzheim aufgehängten Wahlplakate den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Plakate nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen nicht unmittelbar vor der Synagoge, sondern in circa 110 Metern Entfernung an einem Laternenmast gegenüberliegend angebracht waren. Auch stehe einer Anklageerhebung kein unvermeidbarer Verbotsirrtum auf Seiten der Beschuldigten entgegen.

Allerdings rechtfertigten tatsächliche Gründe die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft, so das OLG weiter. Die Verantwortlichkeiten für die Plakatgestaltung und -verwendung sowie die innerparteilichen Abläufe der Entscheidungsfindung für die Gestaltung und deutschlandweite Verbreitung der Plakate einschließlich der Orte ihrer Anbringung hätten im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht aufgeklärt werden können. Auch die Durchsuchung der Räumlichkeiten des Bundesverbandes der Partei "Die Rechte" in Dortmund am 02.05.2019 durch die Staatsanwaltschaft Dortmund im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und versuchten Wahlfälschung habe keine Hinweise zu den Verantwortlichkeiten für die Gestaltung oder Verwendung der Plakate gegeben.

Zwar liege es nahe, dass die beschuldigten Tatverdächtigten aufgrund ihrer Stellung als Parteivorsitzende an den Entscheidungen zur Gestaltung und Verbreitung der in Pforzheim angebrachten Plakate mitgewirkt haben. Hinreichend konkrete Beteiligungsbeiträge konnten laut OLG aber nicht ermittelt werden. Eine nachweisbare individuelle Verantwortlichkeit sei jedoch nach dem im Strafrecht geltenden Schuldprinzip zwingende Voraussetzung für die Möglichkeit einer strafrechtlichen Ahndung. Vor diesem Hintergrund habe der Antrag, die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung zu verpflichten, keinen Erfolg haben können.

Die – im Klageerzwingungsverfahren nur ausnahmsweise mögliche – Anordnung weiterer Ermittlungen scheiterte nach Angaben des OLG bereits an dem formalen Umstand, dass der Antragsteller nicht dargelegt hat, von der Erhebung welcher Beweise die Staatsanwaltschaft abgesehen hat und welche Ergebnisse von dieser Beweiserhebung zu erwarten gewesen wären.

Gegen den Beschluss des OLG ist kein Rechtsmittel gegeben.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.2022, 1 Ws 189/21

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