Versorgungsansprüche: Erziehungs- oder Elternzeiten dürfen aus Wartezeit herausgenommen werden
Wird ein Versorgungssystem abgelöst, nach dem Ansprüche auf Versorgung voraussetzten, dass die Arbeitnehmer eine ausreichende Anzahl vergüteter Monate bei der Arbeitgeberin gearbeitet haben (so genannte Wartezeit), so darf ein Tarifvertrag auch für die Einführung einer hierauf bezogenen Besitzstandskomponente danach unterscheiden, ob die Arbeitnehmer die Wartezeit erfüllt haben. Erziehungs- oder Elternzeiten ohne Vergütungsansprüche müssen laut Bundesarbeitsgericht (BAG) dabei nicht in die Wartezeit einbezogen werden.
Die Parteien streiten über die Anerkennung von Erziehungszeiten als die Wartezeit erfüllende Zeit bei einer tariflich eingeführten Besitzstandskomponente.
Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost, insbesondere der Versorgungstarifvertrag (VTV) Anwendung. Im Zusammenhang mit der Privatisierung der Bundespost wurde die betriebliche Altersversorgung durch neue Regelungen abgelöst. Dabei wurde mit Tarifvertrag vom 28.02.1997 der VTV mit Ablauf des 30.04.1997 außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig trat zum 01.05.1997 ein Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen Zusatzversorgung in Kraft, der eine besondere Besitzstandskomponente regelte.
Voraussetzung für die Komponente war das Erfüllen der fünfjährigen Wartezeit. Als auf diese Wartezeit anrechenbare Beschäftigungsmonate wurde für die Zeit vor dem 01.05.1997 jeder Kalendermonat berücksichtigt, der für den Arbeitnehmer nach der einschlägigen Satzung als Umlagemonat galt. Die Beklagte führte die entsprechenden Umlagen zum Arbeitsentgelt der Klägerin an die Versorgungsanstalt ab, nicht jedoch für die Zeiten ihres Erziehungsurlaubs in der Zeit vom 26.02.1992 bis zum 26.11.1996. Damit erfüllte die Klägerin die fünfjährige Wartezeit vor dem Stichtag 01.05.1997 nicht.
Sie verlangt, die Monate des Erziehungsurlaubs bei der Wartezeit zu berücksichtigen. Andernfalls werde sie mittelbar wegen des Geschlechts diskriminiert. Denn hauptsächlich Frauen hätten diese Erziehungszeiten in Anspruch genommen. Die Beklagte meint, die Benachteiligung sei zulässig, da sie durch objektive Faktoren gerechtfertigt sei, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hätten. Überdies seien die Versicherungszeiten der Klägerin in die neue Altersversorgung mit dem Faktor 1,4 überführt worden.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Eine mögliche mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts sei jedenfalls gerechtfertigt, entschied das BAG. In Systemen der betrieblichen Altersversorgung sei es – jedenfalls bei umlagebasierten Systemen, die an vergütungspflichtige Zeiten anknüpfen – zulässig, Monate ohne Entgelt – und damit auch Zeiten des ruhenden Arbeitsverhältnisses wegen Erziehungs- oder Elternzeiten – von der Berücksichtigung auszunehmen. Das gelte auch bei einem Systemwechsel, wenn die vorher erdienten Zeiten weiterhin Berücksichtigung finden oder sogar – wie hier – höher gewertet werden. Diese Grundsätze habe der Europäische Gerichtshof hinreichend geklärt. Eines Vorabentscheidungsverfahrens habe es daher nicht bedurft.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.05.2025, 3 AZR 65/24