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Verbrauchsteuerbefreiung für Kraftstoffe: Italien hat gegen EU-Recht verstoßen

20.09.2021

Italien hat dadurch gegen das Unionsrecht verstoßen, dass es Kraftstoffe, die für private, von den Endnutzern zu nichtgewerblichen Zwecken gecharterte und genutzte Freizeitwasserfahrzeuge verwendet werden, von der Verbrauchsteuer befreit hat. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und klargestellt, dass der Umstand, dass die Vercharterung eines Wasserfahrzeugs für die Person, die dieses Fahrzeug einem anderen zur Verfügung stellt, eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, die in Rede stehende Steuerbefreiung nicht rechtfertigt.

Der Chartervertrag für ein Wasserfahrzeug ist ein Vertrag, mit dem der Vercharterer dieses Wasserfahrzeug gegen einen Preis (die Charter) einem Benutzer (dem Charterer) zur Verfügung stellt, der es für seine Bedürfnisse nutzt. In Italien stellt die Vercharterung eine gewerbliche Tätigkeit des Vercharterers dar. Demgegenüber kann der Charterer das Wasserfahrzeug zu gewerblichen Zwecken (beispielsweise für die entgeltliche Personenbeförderung) oder zu privaten Freizeitzwecken nutzen.

2018 warf die EU-Kommission Italien einen Verstoß gegen die Richtlinie 2003/96 zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vor, da dieser Mitgliedstaat die für private Freizeitwasserfahrzeuge, die Gegenstand eines Chartervertrags sind, verwendeten Kraftstoffe von der Verbrauchsteuer befreit, unabhängig davon, wie diese Wasserfahrzeuge von den Charterern genutzt werden. Nach Auffassung der Kommission muss eine solche Befreiung ausgeschlossen sein, wenn der Endnutzer das Wasserfahrzeug zu privaten Freizeitzwecken nutzt. Im Jahr 2020 hat die Kommission, die die Erklärungen Italiens für nicht zufriedenstellend hielt, die vorliegende Vertragsverletzungsklage erhoben.

Nun stellt der EuGH fest, dass Italien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der RL 2003/96 verstoßen hat, dass es die Vergünstigung einer Befreiung von der Verbrauchsteuer für Kraftstoffe gewährt hat, die für private Freizeitwasserfahrzeuge verwendet werden, wenn diese Wasserfahrzeuge, unabhängig von der Art ihrer tatsächlichen Nutzung, Gegenstand eines Chartervertrags sind. Die RL 2003/96 solle das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts fördern, indem sie die Höhe der von den Mitgliedstaaten angewandten Besteuerung harmonisiert. Folglich müssten ihre Bestimmungen über die Steuerbefreiungen, gestützt auf ihren Wortlaut sowie die von der Richtlinie verfolgten Ziele, autonom ausgelegt werden. Der Gerichtshof unterstreicht, dass die Richtlinie Energieerzeugnisse in Abhängigkeit von ihrer tatsächlichen Verwendung besteuern soll. Zu diesem Zweck knüpfe die Steuerbefreiung an den Tatbestand an, dass Energieerzeugnisse als Kraftstoff in der Schifffahrt auf den Unionsgewässern zu gewerblichen Zwecken verwendet werden, also daran, dass ein Wasserfahrzeug unmittelbar für eine entgeltliche Dienstleistung (beispielsweise eine Beförderungsdienstleistung) genutzt wird. Der EuGH schließt daraus, dass die Gewährung oder Versagung der Steuerbefreiung von der Art abhängig sind, in der das Wasserfahrzeug vom Endnutzer (also im Fall einer Vercharterung: durch den Charterer) verwendet wird, also davon, dass dieses Fahrzeug zu gewerblichen Zwecken (Gewährung) oder zu anderen als gewerblichen Zwecken (Versagung) genutzt wird.

Der Umstand, dass die Vercharterung eines Wasserfahrzeugs für den Vercharterer eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, sei für die in Rede stehende Steuerbefreiung nicht relevant. Der EuGH stellt die gleichen Erwägungen für andere Vertragstypen an, wie die Miete oder die gelegentliche Vercharterung: Allein die Natur (gewerblich oder private Freizeit) der Tätigkeit des Endnutzers des Wasserfahrzeugs bestimme, ob eine Befreiung gewährt oder versagt wird. Die italienischen Rechtsvorschriften, die den Standpunkt des Vercharterers einnehmen, ohne die Modalitäten der Nutzung des Wasserfahrzeugs durch den Charterer angemessen zu berücksichtigen, widersprächen daher der Richtlinie.

Der EuGH weist darauf hin, dass der Umstand, dass die Vercharterung neben der Zurverfügungstellung des Wasserfahrzeugs die einer Crew umfassen kann und dass der Vercharterer damit die Herrschaft über die technische und nautische Führung des Wasserfahrzeugs behält, nicht in Frage stellen kann, dass der Charterer vertraglich derjenige bleibt, der die Nutzung des gecharterten Wasserfahrzeugs bestimmt, mit der Folge, dass es die Natur dieser Nutzung ist, nach der sich bestimmt, ob die Vergünstigung der Befreiung von der Verbrauchsteuer gewährt wird. Der Gerichtshof stellt klar, dass es förmlich als Charterverträge eingestufte Vertragsbeziehungen gibt, die die Erbringung eines Bündels von anderen Dienstleistungen als Leistungen der Schifffahrt umfassen und die mit denen vergleichbar sind, die Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes angeboten werden, die der Charterer tatsächlich nur als beförderte Person in Anspruch nimmt, ohne dass er in irgendeiner Weise die Nutzung des Wasserfahrzeugs bestimmen könnte. In diesem Fall könnte angenommen werden, dass das Wasserfahrzeug – für die Zwecke der Gewährung der in Rede stehenden Befreiung – zu gewerblichen Zwecken genutzt wird.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 16.09.2021, C-341/20

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