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Schiedsspruch: Muss nicht innerhalb bestimmter Frist nach Verhandlung ergehen

28.05.2021

Dass ein Schiedsspruch erst circa ein Jahr nach der mündlichen Verhandlung erlassen wurde, steht seiner Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden. Die im Zivilprozess anwendbare Dreiwochenfrist gelte im Schiedsverfahren nicht.

Die Parteien wollten gemeinsam ein Joint-Venture-Unternehmen im Bereich der Schraubenherstellung für die Windkraftindustrie gründen. Die Antragstellerin verpflichtete sich unter anderem im Juni 2015 zur Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 1,5 Millionen Euro, das sie dem Unternehmen vollständig als Darlehen zur Verfügung stellen sollte. Tatsächlich leitete sie es nur in Höhe von knapp 86.000 Euro weiter. Das Unternehmen stellte noch im August 2015 Insolvenzantrag. Zwischen den Parteien besteht eine Schiedsvereinbarung.

Die Antragsgegnerin machte vor dem Schiedsgericht Schadenersatzansprüche gegen die Antragstellerin unter anderem wegen der unterbliebenen Darlehensauskehrung geltend. Das Schiedsgericht verurteilte die Antragstellerin zur Zahlung von knapp drei Millionen Euro und zur Tragung der Kosten des Schiedsverfahrens. Die eigenen Kosten des Schiedsgerichts wurden mit rund 270.000 Euro beziffert. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung dieses Schiedsspruchs; die Antragsgegnerin seine Vollstreckbarerklärung.

Das OLG hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und den Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Die Rügen der Antragstellerin seien unbegründet. Ohne Erfolg berufe sich diese darauf, dass das Schiedsgericht in unzulässiger Weise über seine eigenen Kosten entschieden habe und damit in eigener Sache tätig geworden sei. Zwar sei der Grundsatz, dass niemand in eigener Sache richten dürfe, "unverzichtbarer Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Gerichtsbarkeit und damit auch im Schiedsverfahren". "Richterliche Tätigkeit untersteht dem Gebot der Distanz und Neutralität", betont das OLG weiter. Dennoch dürfe das Schiedsgericht Angaben zu einer Kostenquote und zur Höhe der zu erstattenden Kosten machen. Grenze sei allein die nicht erlaubte Titulierung des eigenen Vergütungsanspruchs. An diesen Rahmen habe sich das Schiedsgericht gehalten.

Es habe auch nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen, soweit es den Schiedsspruch erst circa ein Jahr nach der mündlichen Verhandlung erlassen habe. Die im Zivilprozess anwendbare Dreiwochenfrist gelte bereits nicht im Schiedsverfahren. Ein unterstellt verspäteter Erlass eines Schiedsspruchs treffe zudem typischerweise beide Parteien. Selbst wenn festgestellt würde, dass der Schiedsspruch durch mangelndes Erinnerungsvermögen an die mündliche Verhandlung beeinflusst wurde, bleibe in derartigen Fällen stets offen, ob dies nicht auch der Fall gewesen wäre, wenn der Schiedsspruch innerhalb einer gerade noch als angemessen anzusehenden Frist erlassen worden wäre. Folglich liege kein Aufhebungsgrund vor.

Soweit die Antragstellerin Zweifel an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts hege, da dieser mit nicht näher benannten Rechtsanwälten der Antragsgegnerin gemeinsam an fachlichen Seminaren teilgenommen habe, überzeuge auch dies nicht. Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit setzten Umstände voraus, die Ausdruck einer intensiven Verbundenheit seien. Dies sei bei einem Kontakt in einer neutralen Rolle im Rahmen eines Fachseminars nicht der Fall.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; gegen sie kann die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.05.2021, 26 Sch 1/21, nicht rechtskräftig

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