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Ravensburger: Darf bekannte da-Vinci-Zeichnung weiterhin als Puzzle vertreiben
Der deutsche Spiel-Hersteller Ravensburger darf auch künftig eines der berühmtesten Werke Leonardo da Vincis, den "Vitruvianischen Menschen", als Puzzlevorlage außerhalb Italiens weltweit verwenden und vertreiben. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden.
Die um 1490 entstandene Proportionsstudie "Studio di proporzioni del corpo umano", bekannt als der "Vitruvianische Mensch" ist eines der bekanntesten Kunstwerke Leonardo da Vincis. Es befindet sich im Besitz der Gallerie dell'Accademia di Venezia.
Das Museum verlangte 2019 von Ravensburger den Abschluss eines Lizenzvertrages und knüpfte daran die Erlaubnis, das Werk auch künftig nutzen zu dürfen. Das Museum stützte sein Verlangen auf Bestimmungen des italienischen Gesetzes zum Schutz des kulturellen Erbes. Nachdem Verhandlungen zwischen den Parteien gescheitert waren, erwirkten das Museum und das italienische Kulturministerium in Italien eine einstweilige Verfügung, mit der dem deutschen Puzzle-Hersteller die kommerzielle Nutzung des Werkes in Italien und im Ausland untersagt wurde.
Dagegen erhob Ravensburger vor dem Landgericht (LG) Stuttgart eine Klage in der Hauptsache, mit der das Unternehmen festgestellt haben wollen, dass ihm die Nutzung des Werkes zumindest außerhalb Italiens nicht verboten werden kann. Das LG gab der Klage statt: Die Beklagten hätten keinen globalen Unterlassungsanspruch auf Grundlage des italienischen Kulturgüterschutzgesetzes.
Das italienische Kulturministerium und die Gallerie dell'Accademia di Venezia legten Berufung zum OLG Stuttgart eingelegt.
Das OLG hat der Berufung lediglich insoweit stattgegeben, als es für eine eine italienische Tochtergesellschaft des deutschen Spiele-Herstellers – die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint hat. Im Übrigen hat es die Entscheidung des LG Stuttgart bestätigt, nach der die Beklagten gegen den Puzzlehersteller keinen globalen Unterlassungsanspruch haben.
Denn deutsche Gerichte sind an die vorangegangene Entscheidung des italienischen Gerichts nicht gebunden und auch nicht an einer eigenen Entscheidung in der Sache gehindert. Das in Italien geführte Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz sei mit dem nunmehr in Deutschland anhängigen Hauptsacheverfahren nicht identisch. Im Gegensatz zu der Hauptsacheentscheidung werde im Eilverfahren nicht mit Rechtskraftwirkung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs entschieden. Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei allein die vorläufige Sicherung eines Anspruchs oder Regelung eines Rechtsverhältnisses bis zu einer späteren rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache. Wegen dieses unterschiedlichen Zwecks greife weder die Sperrwirkung des europäischen Rechts ein, noch erfolge eine inhaltliche Prüfung der von dem italienischen Gericht getroffenen Entscheidung.
In der Sache selbst hat das OLG entschieden, dass die Beklagten Ravensburger jedenfalls außerhalb des Staatsgebiets Italiens die Nutzung des Werkes nicht verbieten können. Die Vorschriften des italienischen Gesetzes zum Schutz des kulturellen Erbes seien als Anspruchsgrundlage nicht geeignet, weil sie nur für das italienische Staatsgebiet Anwendung finden. Denn das völkerrechtlich geschützte Territorialitätsprinzip beschränke die Geltung von Rechtsnormen auf das Territorium des jeweiligen Staates. Dieses basiere auf der Gebietshoheit eines Staates und erlaube den Erlass, die Anwendung und Durchsetzung von Normen grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Staatsgebiets. Außerhalb Italiens sei für die rechtliche Beurteilung vielmehr die jeweils in den einzelnen Staaten geltende Rechtslage maßgeblich.
Andere Anspruchsgrundlagen als das italienische Gesetz zum Schutz des kulturellen Erbes würden nicht geltend gemacht und seien auch nicht ersichtlich. Ein globaler Unterlassungsanspruch bestehe danach nicht.
Den Beklagten steht gegen das Urteil die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof offen.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 11.06.2025, 4 U 136/24, nicht rechtskräftig