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Psychische Belastungen wegen Quarantäne: Kein Schmerzensgeld für Kindergartenkind

02.12.2021

Eine häusliche Quarantäne kann zu psychischen Belastungen führen. Das Landgericht (LG) Köln hat die Zahlung von Schmerzensgeld für ein Kindergartenkind jedoch abgelehnt, weil das Gesundheitsamt Köln bei Erlass der Quarantäneanordnung alles richtig gemacht habe.

Die Klägerin ist drei Jahre alt und besucht einen Kindergarten der Stadt Köln. Wegen eines positiv getesteten anderen Kindergartenkindes in derselben Gruppe ordnete das Gesundheitsamt Köln mit Wirkung vom 10.03.2021 eine häusliche Quarantäne bis zum 22.03.2021 an. Eine Verkürzung dieser Zeit durch einen negativen Test war nicht möglich.

Die Klägerin, im Prozess durch ihre Eltern vertreten, behauptet, durch die angeordnete Quarantäne psychische Schäden erlitten zu haben. Sie sei während der Isolation immer aggressiver geworden und habe unter Schlafstörungen gelitten. Es bestehe der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie macht daher 3.000 Euro Schmerzensgeld geltend.

Die Stadt Köln lehnt diesen Anspruch mit der Begründung ab, das Gesundheitsamt habe ermessensfehlerfrei die Quarantänemaßnahme angeordnet. Die Anordnung sei angesichts der aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), an die sie sich gehalten habe, rechtmäßig gewesen.

Das LG sah die Klage als unbegründet an. Es fehle schon an einer Amtspflichtverletzung. Selbst wenn eine solche vorgelegen hätte, hätte die Stadt jedoch auch nicht schuldhaft gehandelt. Eine Amtspflichtverletzung scheide aus, da die Quarantäneanordnung vom 11.03.2021 auf einer gesetzmäßigen Ermächtigungsgrundlage beruht habe, die Voraussetzungen für ihren Erlass vorgelegen hätten und keine Ermessensfehler ersichtlich seien.

Ermächtigungsgrundlage für die Quarantäneanordnung sei § 28 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gewesen. Danach könne die zuständige Behörde anordnen, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise – und hierzu gehöre die eigene Wohnung – abgesondert werden. Die Klägerin sei zu Recht als Ansteckungsverdächtige eingestuft worden, da der Verdacht bestanden habe, dass sie sich am 08.03.2021 bei einem Kind in ihrer Gruppe mit Covid-19 angesteckt haben könnte.

Die Einstufung der Indexperson sei aufgrund der Meldung des Labors durch den Nachweis des Virus aufgrund eines PCR-Testes erfolgt. Ein PCR-Test sei auch hinreichend zuverlässig, betont das LG Köln. Eine möglicherweise falsche Handhabung des PCR-Tests im Labor sei jedenfalls nicht der Beklagten anzulasten. Die Klägerin sei auch eine so genannte enge Kontaktperson der infizierten Person gewesen, da in der Gruppe eine beengte Raumsituation beziehungsweise eine schwer zu überblickende Kontaktsituation vorgelegen habe.

Die Beklagte habe sich bei der Anordnung der Quarantäne auch an die Richtlinien des RKI gehalten. Da die häusliche Absonderung gemäß § 30 IfSG die Freiwilligkeit des Betroffenen voraussetze, begründe dies mangels psychischer Zwangswirkung auch keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit. Daher liege kein Verstoß gegen den Richtervorbehalt aus Artikel 104 Absatz 2 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 S. 2 GG vor.

Ein Freitesten der Klägerin nach zehn Tagen sei nicht möglich gewesen, da dies bei so genannten engen Kontaktpersonen aufgrund § 5 Absatz 2 Quarantäneanordnung Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen gewesen sei.

Die Stadt Köln habe die Quarantäneanordnung auch ermessensfehlerfrei getroffen. Unter Berücksichtigung der potentiellen Infektionsgefahr sei bei einem begrenzten Zeitraum die Beschränkung, in der gewohnten Umgebung mit seinen Eltern als Vertrauensperson zwei Wochen nicht nach draußen zu dürfen und keine Besucher zu empfangen, schwerwiegend, aber noch angemessen. Da sich die Stadt Köln an die maßgeblichen und seinerzeit aktuellen Vorgaben des RKI gehalten habe, treffe sie auch kein Verschulden, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Maßnahme nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Ein Anspruch sei zudem ausgeschlossen, so das LG, weil die Klägerin nicht zeitnah mit den Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Quarantänebescheid vorgegangen ist.

Landgericht Köln, Entscheidung vom 26.10.2021, 5 O 117/21, nicht rechtskräftig

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