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Privat Krankenversicherter: Kann Auskunftsanspruch über frühere Prämienanpassungen haben
Dem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist. Dagegen folgt laut Bundesgerichtshof (BGH) aus Artikel 15 Absatz 1 und 3 der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.
Der Kläger wendet sich gegen die Wirksamkeit von Prämienanpassungen in seiner privaten Krankenversicherung. Mit der Klage hat er vom Versicherer Auskunft über alle Beitragserhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 durch Vorlage von Unterlagen verlangt. Den Antrag hat er im Rahmen einer Stufenklage gestellt, mit der er unter anderem die Feststellung, dass die noch genauer zu bezeichnenden Erhöhungen unwirksam seien, und die Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrages verlangt.
Das Berufungsgericht hat die Versicherung antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Der BGH hat entschieden, dass die Auskunftsklage zulässig ist. Zwar sei das Rechtsschutzbegehren als Stufenklage im Sinne des § 254 Zivilprozessordnung unzulässig, da es dem Kläger nicht um die Bezifferung eines Anspruchs, sondern um die Prüfung geht, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Der Auskunftsantrag könne jedoch in eine von der Stufung unabhängige Klage umgedeutet werden. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft, da er sie benötige, um zu prüfen, ob vergangene Beitragserhöhungen unwirksam waren und ihm daraus Rückzahlungsansprüche zustehen.
Einem Versicherungsnehmer könne aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen zustehen. Dieser Anspruch setze zunächst voraus, dass ihm noch Rückzahlungsansprüche aufgrund früherer Prämienerhöhungen, falls diese unwirksam gewesen sein sollten, als Grund für das Auskunftsbegehren zustehen könnten. Darüber hinaus sei erforderlich, dass er nicht mehr über die betreffenden Unterlagen verfügt und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise verschaffen kann. Wenn dies der Fall ist, sei unter Berücksichtigung der Gründe für diesen Verlust zu entscheiden, ob er in entschuldbarer Weise über sein Recht im Ungewissen ist. Die hierfür maßgebenden Umstände habe der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen.
Dagegen folge ein solcher Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht aus Artikel 15 Absatz 1, 3 DS-GVO. Ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben samt Anlagen lasse sich daraus nicht herleiten, da es sich weder bei den Anschreiben selbst noch bei den beigefügten Anlagen jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt. Aus Artikel 15 Absatz 3 DS-GVO ergebe sich nur ein Anspruch auf eine Kopie der Daten, zu denen nach Artikel 15 Absatz 1 DSGVO Auskunft zu erteilen wäre, aber grundsätzlich kein Anspruch auf Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente.
Die Revision hatte auf dieser Grundlage zum Teil Erfolg und führte unter anderem zu einer Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich der Auskunftsklage. Soweit das Berufungsgericht noch nicht alle Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben geprüft hat, hat der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es dies nachholen kann.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.09.2023, IV ZR 177/22