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Plattformhaftung: Erweiterte Prüfpflichten für Amazon

18.01.2024

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hat in einem Grundsatzverfahren der Wettbewerbszentrale zur Frage der Reichweite der Haftung von Marktplatzbetreibern für Wettbewerbsverstöße von Drittanbietern geurteilt. Danach trifft Marktplatzbetreiber eine Prüf- und Beseitigungspflicht auch bei Verstößen gegen formale Marktverhaltensregeln, wenn ihnen zuvor – im Wege des Notice & Take Down-Verfahrens – entsprechende andere konkrete Verstöße bekannt gemacht wurden.

Betreiber von Online-Plattformen, auf denen Händler ihre Produkte verkaufen können, haften laut Wettbewerbszentrale grundsätzlich nicht für Rechtsverstöße dieser Händler. Sie hätten aber nach dem Notice & Take Down-Verfahren bei Hinweisen auf Rechtsverstöße entsprechende Angebote zu entfernen.

Oftmals tauchten aber gleiche oder ähnlich gelagerte Rechtsverletzungen nach kurzer Zeit erneut auf den Verkaufsplattformen auf. Hier könnten sich die Plattformen nicht auf eine nur eingeschränkte Haftung zurückziehen, so die Wettbewerbszentrale. Nachdem sie auf konkrete Verstöße hingewiesen worden sind, hätten sie nicht nur entsprechende rechtverletzende Produkte/Angebote zu entfernen, sondern müssten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass sich derartige Verstöße nicht wiederholen (Notice & Stay Down).

Wie weit diese Pflicht reicht, sei bisher gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Amazon meine, sie bestehe "nur in Ausnahmefällen bei ganz besonders schutzwürdigen Interessen (Jugendschutz/Produktsicherheit)" und umfasse gleichartige Verstöße, die zum Zeitpunkt des Hinweises bereits vorlagen, nicht.

Vor diesem Hintergrund habe die Wettbewerbszentrale einen Fall vor das Landgericht (LG) Frankfurt am Main gebracht: Nachdem die Wettbewerbszentrale Amazon auf Rechtsverstöße gegen den absoluten EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte im üblichen Notice & Take Down-Verfahren hingewiesen hatte, habe Amazon die gemeldeten Angebote zunächst entfernt. Anschließend seien aber weiterhin vegane Milchersatzprodukte mit denselben unzulässigen Bezeichnungen ("Sojamilch", "Hafermilch" und "Reismilch") auf dem Marketplace angeboten worden. Diese weiteren Verstöße hätten auch zum Zeitpunkt des ersten Hinweises bereits vorgelegen. Die Wettbewerbszentrale habe Amazon daraufhin abgemahnt. Weil Amazon sich weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, klagte die Wettbewerbszentrale.

Das LG habe Amazon antragsgemäß untersagt, Dritten zu ermöglichen, auf seiner Verkaufsplattform die Begriffe "Sojamilch", "Hafermilch" und "Reismilch" für vegane Milchersatzprodukte zu verwenden. Auch das OLG sei in diesem Punkt der Auffassung der Wettbewerbszentrale gefolgt. Amazon habe seiner wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht genügt. Die Prüf- und Erfolgsabwendungspflicht des Marktplatzbetreibers bestehe nicht nur bei jugendgefährdenden, volksverhetzenden oder gewaltverherrlichenden Inhalten, sondern auch bei Verstößen gegen formale Marktverhaltensregeln, wie hier dem EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte. Die vorgerichtlichen Hinweise der Wettbewerbszentrale hätten für Amazon eine Prüfungs- und Beseitigungspflicht ausgelöst, die über die bereits getroffenen Maßnahmen hinausgehe. Insoweit sei Amazon zuzumuten, Wörter wie "Sojamilch", "Hafermilch" und "Reismilch" aus Angeboten Dritter herauszufiltern.

Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

Wettbewerbszentrale, PM vom 17.01.2024 zu Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2023, 6 U 154/22, nicht rechtskräftig

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