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Pflegegelder aus öffentlichen Mitteln für verhaltensauffällige Kinder: Können steuerfreie Beihilfen sein
Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder beziehungsweise Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gemäß § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG) zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind beziehungsweise ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit den Fällen einer Vollzeitpflege gemäß § 33 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) entschieden.
Der Kläger, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozialpädagogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind beziehungsweise einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese "Vollzeitbetreuung" erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 Euro und 3.600 Euro. Finanzamt und Finanzgericht meinten, der Kläger habe erwerbsmäßig Pflegeleistungen erbracht. Das Pflegegeld sei nicht wie bei einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
Dies sah der BFH anders. Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII gezahlt wird, beurteilt er grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird.
Das vom Kläger vereinnahmte Pflegegeld sei damit vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung seien Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses. Dieses sei vorliegend – wie bei einer Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII – dadurch geprägt, dass der Kläger die verhaltensauffälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt habe. Dass der Kläger die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen habe, stehe der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2020, VIII R 27/18