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Niqab: Nicht im Straßenverkehr

26.08.2024

In Deutschland gilt im Straßenverkehr ein Verhüllungsgebot: Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Darunter fällt auch das Tragen eines Niqab. Laut Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Religionsfreiheit vor, wenn einer Muslimin keine Ausnahmegenehmigung erteilt wird.

Eine Muslimin, deren religiöse Überzeugung ihr das Tragen eines Niqab in der Öffentlichkeit gebietet, hatte beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz eine Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot des § 23 Absatz 4 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) beantragt, um auch beim Autofahren ihren Gesichtsschleier tragen zu dürfen. Ein Niqab verhüllt das komplette Gesicht mit Ausnahme der Augenpartie. Der Landesbetrieb versagte die Genehmigung und die Muslimin klagte. Erfolg hatte sie damit nicht.

Wie bereits das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der Weinstraße hat auch das OVG keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des in § 23 Absatz 4 Satz 1 StVO geregelten Verhüllungsverbots. Der durch das Verhüllungsverbot bewirkte Eingriff in die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 Grundgesetz (GG) geschützte Religionsfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere auch verhältnismäßig. Die Regelung diene der allgemeinen Sicherheit des Straßenverkehrs und damit dem Schutz von Grundrechten Dritter auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum, indem sie zum einen dazu beitrage, im Fall automatisiert erfasster Verkehrsverstöße die Identität des Fahrzeugführers festzustellen, und zum anderen der Gefahr von Sichtbehinderungen begegne.

Die Erteilung der Auflage zur Führung eines Fahrtenbuchs sei entgegen der Ansicht der klagenden Muslimin nicht annähernd gleich geeignet, um Verkehrsteilnehmer im Rahmen automatisierter Verkehrskontrollen zu identifizieren. Denn eine Fahrtenbuchauflage sei fahrzeugbezogen und die Niqab-Trägerin dürfe auch andere Fahrzeuge führen, für die keine Fahrtenbuchauflage bestehe. Zur Gewährleistung der Rundumsicht des Fahrzeugführers wäre eine solche Fahrtenbuchauflage ohnehin nicht geeignet.

Die Eingriffsintensität des Verhüllungsverbots sei nicht hoch. Durch dieses werde niemand unmittelbar an der Praktizierung seines Glaubens gehindert. Bei Befolgung der von ihr als verbindlich empfundenen Bekleidungsvorschriften müsse die betroffene Person lediglich auf das Führen eines (geschlossenen) Kraftfahrzeugs verzichten. Auch im Lichte des Artikels 4 Absatz 1 und 2 GG bestehe kein Anspruch, die mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs verbundenen Vorzüge durchweg zu den Bedingungen der individuell als verpflichtend empfundenen Glaubensgebote in Anspruch nehmen zu dürfen.

Das Führen eines Kraftfahrzeugs sei zudem nicht zwingend oder alternativlos. Außerdem könne besonderen Ausnahmesituationen Rechnung getragen werden durch die den Straßenverkehrsbehörden eingeräumte Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung.

Die Klägerin habe auch nicht aufgezeigt, dass die Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ermessensfehlerhaft gewesen sei. Das VG habe bereits zutreffend ausgeführt, dass die von ihr geltend gemachten Knieprobleme nicht erkennen ließen, weshalb ihr die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nicht zumutbar sein sollte, zumal im ÖPNV meistens auch Sitzplätze zur Verfügung stehen dürften. Unabhängig davon könne dem grundsätzlich anzuerkennenden Interesse an Mobilität im Fall der Klägerin dadurch Rechnung getragen werden, dass diese mit ihrer Fahrerlaubnis berechtigt sei, ein Kraftrad zu führen. Für Krafträder, für die gemäß § 21a Absatz 2 Satz 1 StVO eine Schutzhelmpflicht angeordnet sei, gelte das Verhüllungsverbot des § 23 Absatz 4 Satz 1 StVO nach Satz 2 der Bestimmung nicht.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.08.2024, 7 A 10660/23.OVG

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