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Moschee-Streit: Muslimischer Verein muss Grundstück an Stadt zurückübertragen

16.09.2022

Weil er die Moschee auf einem Grundstück der Stadt Leinfelden-Echterdingen nicht rechtzeitig fertiggestellt hat, muss der muslimische Verein für Kultur, Bildung und Integration unter anderem das Erbbaurecht des Grundstücks auf die Stadt zurückübertragen. Das Begehren des Vereins auf Übertragung des Eigentums an dem Moschee-Grundstücks hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart keinen Erfolg.

Die Stadt und der Verein 2014 hatten einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen, nach dem die Stadt als Grundstückseigentümerin unter anderem eine Rückübertragung des Erbbaurechts bei einer Nichterfüllung vertraglicher Pflichten verlangen kann. Über dieses so genannte Heimfallrecht sowie die Ausübung eines Wiederkaufsrechts durch die Stadt streiten die Parteien, nachdem der beklagte Verein als Bauherr seinen vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen ist.

Der Verein hatte in einem ersten Bauabschnitt die Moschee und ein Kulturhaus nicht fristgerecht bis zum 31.10.2018 – und auch noch nicht bis zum Sommer 2022 – fertiggestellt. Dennoch hatte er den vereinbarten Kaufpreis für das Moscheegrundstück in Höhe von 883.400 Euro bereits 2018 an die Stadt bezahlt. Er wurde aber noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Stadt übte daraufhin ihr Wiederkaufsrecht aus und beanspruchte auch den Heimfall des Erbbaurechts.

In erster Instanz verurteilte das Landgericht Stuttgart den beklagten Verein auf Übertragung des Erbbaurechts und wies demgegenüber den Anspruch des Vereins auf Übertragung des Eigentums an dem Moscheegrundstück zurück. Mit ihren jeweiligen Berufungen machten die Parteien weitergehende Ansprüche geltend. Die Stadt beansprucht Erbbauzinszahlungen sowie einen Nachweis der Versicherung des Moscheebauwerks. Der Verein will nach wie vor die Auflassung und das Eigentum an dem Grundstück, da die Klägerin ihr Wiederkaufsrecht rechtswidrig ausgeübt habe. Dadurch sei der Kulturverein in seinen Grundrechten auf Religionsfreiheit und seinem Eigentum am Gebäude verletzt.

Nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen der Parteien hat das OLG im Ergebnis die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten der Stadt bestätigt und ihr Ansprüche aus dem Erbbaurechtsvertrag zugesprochen. Der Verein müsse die Rückübertragung des Erbbaurechts erklären, das Moscheebauwerk bis dahin entsprechend versichern und Erbbauzinsen in Höhe von über 110.000 Euro nachzahlen. Gleichzeitig werde der Kaufvertrag rückabgewickelt und die Stadt bleibe Eigentümerin des Grundstücks.

Das OLG begründet dies damit, dass der Verein seiner vertraglich bindenden Zusage, die Moschee fristgerecht herzustellen, schuldhaft nicht nachgekommen sei. Durch die Kaufpreiszahlung des Vereins seien seine Verpflichtungen – wie zum Beispiel auf Versicherungsschutz des Bauwerks – aus dem dinglichen Erbbaurechtsvertrag nicht fortgefallen, sondern wirkten fort. Bei dem Heimfallrecht und dem Wiederkaufsrecht handle es sich um verschiedene Rechte, die die Stadt beide – mit unterschiedlichen Folgen – ausgeübt habe.

Insbesondere sei die Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht, wenn der Verein nicht rechtzeitig den ersten Bauabschnitt fertigstelle, nach § 2 Nr. 7 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) wirksam und nicht grundrechtswidrig. Der Verein habe keinen Anspruch aus Artikel 4 Grundgesetz, genau auf dem streitgegenständlichen Grundstück seinen Mitgliedern die Religionsausübung zu ermöglichen. Vielmehr habe er die Bedingungen des Erbbaurechtsvertrags nicht eingehalten und dadurch das Heimfallrecht ausgelöst. Zugleich sei das vorgesehene Wiederkaufsrecht auch nicht gemäß § 1 Absatz 4 ErbbauRG unwirksam und entspreche einer angemessenen Vertragsgestaltung, da der Beklagte in diesem Fall einen wirtschaftlichen Ausgleich seiner Verwendungen erhalte.

Allerdings könne der Verein erst in einem weiteren Rechtsstreit eine angemessene Entschädigung für die Erhöhung des Grundstückswertes durch seine Aufwendungen geltend machen, um dann an anderer Stelle eine Gebetsmöglichkeit für seine Mitglieder zu schaffen.

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof gegen dieses Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 13.09.2022, 10 U 278/21, nicht rechtskräftig

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