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Landwirt: Wegen Versicherungsmissbrauch zu Schadensersatz verurteilt

18.06.2025

Ein Freispruch im Strafprozess schützt nicht vor zivilrechtlicher Haftung. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg. Danach muss ein Landwirt knapp 600.000,00 Euro zuzüglich Zinsen an das klagende Versicherungsunternehmen zahlen. Hierbei ging der Zivilsenat – anders als zuvor die Strafkammer – davon aus, dass der Landwirt den Tatbestand des Versicherungsmissbrauchs verwirklicht hatte, sodass die Versicherung nie hätte Versicherungsleistungen erbringen müssen.

In den Jahren 1996, 1997, 2001 und 2006 war es in verschiedenen Gebäuden, die dem Landwirt beziehungsweise seiner ebenfalls verklagten Ehefrau gehörten, zu Bränden gekommen. Während die Ermittlungsbehörden die ersten drei Brände auf technische Defekte zurückführten, wurde für den Brand in 2006 Brandstiftung als Ursache festgestellt. Die Beklagten erhielten in allen Fällen Entschädigungsleistungen aus Feuerversicherungen. Über die Jahre hatte der Landwirt zudem in mehreren Fällen Haftpflichtversicherer wegen angeblicher Verkehrsunfälle in Anspruch genommen, wobei zumindest in zwei Fällen Gerichte später zu dem Ergebnis kamen, dass es sich hierbei um fingierte Unfälle gehandelt hatte.

2009 kam es erneut zu einem Brand, diesmal in einem Kälbermaststall auf einem Grundstück, das der Ehefrau des Landwirts gehört. Aufgrund dieses Brandes zahlte die Klägerin aus den bei ihr abgeschlossenen Feuerversicherungen insgesamt knapp 600.000 Euro an die Ehefrau. Im Folgejahr ereigneten sich zwei weitere Brände an einem im Eigentum des Landwirts stehenden Wohn- und Geschäftshaus. Diesmal weigerte sich die Klägerin, für den geltend gemachten Schaden zu zahlen. Eine daraufhin erhobene Klage hat das Landgericht (LG) Oldenburg, bestätigt durch das OLG Oldenburg, zurückgewiesen: Die Gerichte waren davon überzeugt, dass der Landwirt die Brände selbst herbeigeführt hatte.

Wegen möglicher Betrugs- und Brandstiftungsdelikte im Zusammenhang mit den Bränden in den Jahren 2006, 2009 und 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Oldenburg 2012 Anklage gegen die Beklagten und weitere möglicherweise beteiligte Personen. Die große Strafkammer des LG Oldenburg sprach die Angeklagten jedoch letztlich frei, da nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststand, dass sie die ihnen zur Last gelegten Taten wirklich begangen hatten.

In dem jetzt entschiedenen Verfahren hat die Klägerin nichtsdestotrotz die Rückzahlung der geleisteten knapp 600.000 Euro von beiden Eheleuten verlangt und behauptet, der Brand in dem Kälbermaststall im Jahr 2009 sei im Auftrag der Beklagten gelegt worden. Das LG Oldenburg kam indes erstinstanzlich zu dem Ergebnis, dass nicht mit hinreichender Sicherheit feststehe, dass die Beklagten für den Brand verantwortlich seien.

Das OLG Oldenburg ist im vorliegenden Zivilverfahren nach umfassender Beweiswürdigung zu einer anderen Beurteilung gelangt: Der Landwirt sei der Klägerin aus § 823 Absatz 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit §§ 265 Absatz 1, 25 Strafgesetzbuch (StGB) sowie § 826 BGB zu Schadensersatz verpflichtet. Denn er habe sich nach Überzeugung des Senats eines Versicherungsmissbrauchs nach § 265 Absatz 1 StGB schuldig gemacht, entweder als mittelbarer Täter oder als Mittäter.

Das OLG war aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung aller vorliegenden Indizien davon überzeugt, dass der Landwirt den Brand in dem Kälbermaststall herbeigeführt hat, indem er gemäß einem eigenen Tatplan einen Dritten mit der Brandlegung beauftragte und die Tat auch selbst mit vorbereitete. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung war der Senat hierbei an das vorangegangene strafgerichtliche Urteil nicht gebunden.

Mithin hat der Landwirt nun der klagenden Versicherung die 600.000 Euro als Schadensersatz zurückzuzahlen, wobei sich der Betrag durch die aufgelaufenen Zinsen noch erhöht. Dass die ebenfalls beklagte Ehefrau am Versicherungsbetrug beteiligt war, konnte das OLG nicht feststellen.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 20.03.2025, 1 U 229/20, rechtskräftig

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