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Landesverband der AfD: Darf nicht öffentlich als «Prüffall» bezeichnet werden

01.03.2021

Die öffentlichen Äußerungen des nordrhein-westfälischen Innenministers sowie des Leiters des Landesverfassungsschutzes im Januar beziehungsweise Juli 2019, dass der Verfassungsschutz den Landesverband der AfD als Prüffall bearbeite, waren rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden. Es hat damit der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Äußerungen gerichteten Klage des Landesverbandes der Partei "Alternative für Deutschland" stattgegeben.

Am 15.01.2019 hatte der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen gegenüber Pressevertretern geäußert: "Unser nordrhein-westfälischer Verfassungsschutz bearbeitet den NRW-Landesverband der AfD in Zukunft ebenfalls als Prüffall." Dem war eine Erklärung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorausgegangen, die Bundespartei AfD werde als "Prüffall" bearbeitet. Anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes Nordrhein-Westfalen bestätigte der Leiter des Verfassungsschutzes am 03.07.2019 auf die Frage eines Journalisten, dass der Landesverband der AfD als "Prüffall" bearbeitet werde.

Mit seiner Klage vertritt der Landesverband der Partei die Auffassung, diese Äußerungen seien mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig; insbesondere werde er in seinem Recht als politische Partei aus Artikel 21 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die Klage, die die Frage des Bestehens einer Rechtsgrundlage zum Gegenstand hatte, hat nun zum Erfolg geführt.

Mit den Äußerungen hätten die beiden Hoheitsträger in das Recht der AfD, als politische Partei gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen (Artikel 21 Absatz 1 GG), eingegriffen, bestätigt das VG. Sie seien geeignet gewesen, die Mitwirkung der Partei an der politischen Willensbildung des Volkes und ihre Chancengleichheit im Wettbewerb der Parteien negativ zu beeinflussen. Für diesen Eingriff habe es einer gesetzlichen Grundlage bedurft, an der es fehle. Insbesondere könne das Recht, eine politische Partei in der Öffentlichkeit als "Prüffall" zu bezeichnen, nicht aus dem Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen hergeleitet werden.

Soweit dieses in §§ 5 Absatz 7, 3 Absatz 3 Bestimmungen über die Veröffentlichung von Informationen enthalte, setzten diese voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorlägen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zudem hinreichend gewichtig sein müssten. Während über einen "Verdachtsfall" – der hier nicht in Rede stehe – unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen öffentlich berichtet werden dürfe, enthalte das Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen keine Befugnis, bereits über das Stadium des so genannten Prüffalls zu informieren.

Die Prüfung diene erst der Klärung der Frage, ob sich aus allgemein zugänglichem Material ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ergäben, die zur Einstufung als Verdachtsfall führten. Angesichts der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage könnten die Äußerungen des Innenministers sowie des Leiters des Verfassungsschutzes auch nicht auf das allgemeine (gesetzlich nicht verbriefte) Recht zu staatlichem Informationshandeln gestützt werden. Dieses setze überdies die strikte Einhaltung des Neutralitätsgebotes voraus, das beide Hoheitsträger verletzt hätten. Der presserechtliche Auskunftsanspruch berechtige angesichts des entgegenstehenden Parteiengrundrechts ebenso wenig zu den streitbefangenen öffentlichen Erklärungen.

Das Gericht hat mit dem Urteil lediglich die Frage der Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe eines "Prüffalls" geklärt. Damit sei keine rechtliche Bewertung verbunden, ob der Landesverband Nordrhein-Westfalen der AfD als Prüffall bearbeitet werden darf oder nicht, betont es.

Gegen das Urteil des VG kann Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt werden, die das VG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat.

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2021, 20 K 5100/19, nicht rechtskräftig

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