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Kurzzeitvermietungen: Pflicht der Immobilienvermittler zu Einbehaltung von Steuern mit EU-Recht vereinbar

11.07.2022

Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Maciej Szpunar hat zu einer für Kurzzeitvermietungen geltenden Steuerregelung entschieden, dass der freie Dienstleistungsverkehr weder der Pflicht zur Erhebung und Übermittlung von Informationen noch der Pflicht zur Einbehaltung von Steuern von Immobilienvermittlern entgegensteht. Die Pflicht, einen steuerlichen Vertreter zu benennen, stelle hingegen eine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

Airbnb ist ein weltweit agierender Konzern, der im Internet das gleichnamige Immobilienvermittlungsportal betreibt. Dieses bietet die Möglichkeit, Vermieter, die über Unterkünfte verfügen, mit an Unterkünften interessierten Personen in Verbindung zu bringen. Insoweit erhebt Airbnb gegenüber dem Kunden vor dem Beginn der Vermietung die für die Bereitstellung der Unterkunft fällige Zahlung und leitet sie anschließend an den Vermieter weiter, falls seitens des Mieters keine Beanstandung erfolgt ist.

Mit einem italienischen Gesetz von 2017 wurde eine neue Steuerregelung für die nicht gewerbliche Kurzzeitvermietung von Immobilien eingeführt. Diese Regelung betrifft Airbnb als Betreiber eines Immobilienvermittlungsportals und gilt für Verträge über die nicht gewerbliche Vermietung von Wohnimmobilien durch natürliche Personen für die Dauer von höchstens 30 Tagen, gleich ob diese Verträge direkt mit den Mietern oder indirekt über Immobilienvermittler oder Betreiber von Internetportalen geschlossen werden.

Seit dem 01.06.2017 unterliegen die Einkünfte aus solchen Mietverträgen einer Abgeltungssteuer in Höhe von 21 Prozent, und die Mietvertragsdaten müssen der Steuerverwaltung übermittelt werden. Wenn sie die Miete einnehmen, müssen die Immobilienvermittler beziehungsweise Internetportalbetreiber als für die Steuererhebung zuständige Personen 21 Prozent vom Mietzins einbehalten und diesen Betrag an den Fiskus abführen. Nicht gebietsansässige Personen, die als nicht dauerhaft in Italien niedergelassen angesehen werden, müssen als für die Steuer verantwortliche Person einen steuerlichen Vertreter benennen.

Die Airbnb Ireland UC und die Airbnb Payments UK Ltd, die zum Airbnb-Konzern gehören, erhoben eine Anfechtungsklage gegen die Entscheidung des Leiters der Steuerbehörde, mit der die neue Steuerregelung umgesetzt wurde. Das mit dem Rechtsmittel von Airbnb befasste italienische Gericht hat den EuGH ersucht, mehrere unionsrechtliche Vorschriften im Hinblick auf die Pflichten auszulegen, die das nationale Gesetz den Vermittlern von kurzzeitigen Immobilienvermietungen auferlegt.

Generalanwalt Szpunar führt dazu zunächst aus, dass die Pflicht, Informationen zu erheben und den Steuerbehörden zu übermitteln, sowie die Pflichten, Steuern einzubehalten und einen steuerlichen Vertreter zu benennen, keine technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 2015/1535 darstellten. Daher sei Italien nicht verpflichtet gewesen, die EU-Kommission vorab über diese Pflichten zu informieren, um zu vermeiden, dass sie gegenüber Einzelpersonen nicht geltend gemacht werden könnten. Die unterlassene Anmeldung des italienischen Gesetzes bei der Kommission und die etwaige Unanwendbarkeit der italienischen Vorschriften auf Airbnb seien nämlich vor dem nationalen Gericht thematisiert worden.

Unter Verweis auf das Urteil Airbnb Ireland vom 27.04.2022 (C-674/20) führt der Generalanwalt sodann aus, dass Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV), der den freien Dienstleistungsverkehr betreffe, weder der Pflicht zur Erhebung und Übermittlung von Informationen noch der Pflicht zur Einbehaltung von Steuern entgegenstehe. Auch wenn die Einbehaltung von Steuern eine deutlich größere Belastung darstelle als eine schlichte Informationspflicht, handle es sich dabei nicht um eine indirekte Diskriminierung von Erbringern grenzüberschreitender Dienstleistungen, wie Airbnb mit der Begründung geltend mache, dass nahezu alle auf dem italienischen Markt aktiven Plattformen in anderen Mitgliedstaaten ansässig seien. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass Vermittler, die in die Entrichtung der Miete involviert sind, zur Steuereinbehaltung verpflichtet werden, da die Tätigkeit einer erheblichen Zahl natürlicher Personen, die nicht den für Gewerbetreibenden geltenden Pflichten unterlägen, in steuerlicher Hinsicht naturgemäß schwer zu kontrollieren sei. Zudem betreffe die fragliche Steuerregelung nicht etwa die Besteuerung der Airbnb-Dienstleistungen, sondern die Erhebung von Steuern auf die diesen Dienstleistungen zugrunde liegende Vermietung von Immobilien, die sich auf italienischem Hoheitsgebiet befänden. Daher falle diese Regelung unzweifelhaft in den Bereich der steuerlichen Zuständigkeit der italienischen Regierung.

Was die Pflicht zur Benennung eines steuerlichen Vertreters anbelange, sei hingegen daran zu erinnern, dass der EuGH bereits mit Urteil vom 11.12.2014 (C‑678/11) entschieden habe, dass eine Pflicht zur Benennung eines steuerlichen Vertreters, die das spanische Recht den Erbringern grenzüberschreitender Dienstleistungen gerade zum Zweck der Übermittlung von Informationen und der Einbehaltung von Steuern auferlegt habe, eine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle und daher gegen Artikel 56 AEUV verstoße. Daraus folge, dass auch die im italienischen Recht vorgesehene Pflicht zur Benennung eines steuerlichen Vertreters gegen Artikel 56 AEUV verstoße. Zuletzt grenzt Szpunar den Rahmen des maßgeblichen Unionsrechts ein. Seiner Ansicht nach sind alle oben genannten Pflichten, da sie in den Bereich des Steuerrechts fallen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/31 (die die Dienste der Informationsgesellschaft betrifft) und der Richtlinie 2006/123 (über Dienstleistungen im Binnenmarkt) ausgenommen. Daraus folge, dass die nationale Regelung, die diese Pflichten auferlege, ebenfalls vom Anwendungsbereich dieser Richtlinien ausgenommen sei.

Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, Schlussanträge vom 07.07.2022, C-83/21

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