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Kostendeckelung: Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG nicht uneingeschränkt anwendbar

09.02.2021

Im Rahmen der Anwendung der so genannten Kostendeckelung bei einem zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzten Pkw ist die für die Anschaffung des Kfz geleistete Leasingsonderzahlung auch bei einem Einnahme-Überschussrechner periodengerecht auf die Leasinglaufzeit zu verteilen. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein klar.

Der Kläger betrieb eine Arztpraxis. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Absatz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Für seinen Betrieb hatte er ein Kfz geleast. Für dieses leistete er außerhalb des Streitzeitraums eine Leasingsonderzahlung von 40 Prozent des Kaufpreises. Das Fahrzeug diente in den Streitjahren unstreitig zu mehr als 50 Prozent betrieblichen Zwecken. Da er für die Streitjahre kein Fahrtenbuch führte, ermittelte der Kläger den privaten Nutzungsanteil nach § 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG (Ein-Prozent-Regelung). Aufgrund der so genannten Kostendeckelung begrenzte er die zu berücksichtigenden privaten Kraftfahrzeugnutzungen auf die tatsächlichen Gesamtkosten des Pkw. Die geleistete Leasingsonderzahlung fand dabei keinen Eingang in seine Ermittlung der Gesamtkosten.

Der Beklagte stellte die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zunächst erklärungsgemäß fest. Bei einer anschließenden Betriebsprüfung führte er sodann an, dass für die Kostendeckelung auch die geleistete Leasingsonderzahlung anteilig über den Leasingzeitraum zu berücksichtigen sei und änderte entsprechend die Feststellungsbescheide der Streitjahre. Den Antrag des Klägers auf abweichende Steuerfestsetzung lehnte das Finanzamt ab. Die Ansicht des Klägers, dass die fiktive Verteilung der Leasingsonderzahlung auf die Laufzeit des gesamten Leasingvertrages und die Nichtanwendung der Kostendeckelung auf die in den Streitjahren tatsächlich abgeflossenen Betriebsausgaben dem BMF-Schreiben vom 18.11.2009 (BStBl I 2009, 1326) widerspreche, teilte das Finanzamt nicht.

Das FG entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen habe. Im Rahmen seiner Prüfung, ob sich das Finanzamt an die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift aus dem BMF-Schreiben gehalten habe und ob die Richtlinien selbst einer sachgerechten Ermessensausübung entsprächen, kam es zu dem Schluss, dass die Auslegung des Begriffs der Gesamtkosten durch die Finanzbehörde nicht zu beanstanden sei.

Aus dem offenen Wortlaut des BMF-Schreibens und dem fehlenden Gesetzesverweis lasse sich schließen, dass der Begriff der Gesamtkosten nicht rein steuerrechtlich zu verstehen sei, sondern darüber hinaus gehe und auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtige. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt eine Kostendeckelung nicht allein aufgrund eines schlichten Zahlenvergleichs vornehme, sondern nach dem Sinn und Zweck der Kostendeckelung auch außerhalb des Veranlagungszeitraums liegende Umstände, wie zum Beispiel eine Leasingsonderzahlung zu Beginn oder Ende der Nutzungsdauer eines Kfz, für die Anwendbarkeit der Billigkeitsregelung als maßgeblich erachte.

Darüber hinaus würde die Kostendeckelung unter der vom Kläger begehrten Auslegung der Gesamtkosten den gesetzlich vorgesehenen Rahmen verlassen. Soweit sich die Billigkeitsmaßnahme unter der Prämisse, dass eine Entnahme eine Wertabgabe des Betriebes darstelle, die nicht höher sein könne als die für das jeweilige Kfz entstandenen Aufwendungen, auch unter der klaren gesetzlichen Methodik, den Entnahmewert der privaten Kfz-Nutzung entweder typisierend durch die Ein-Prozent-Methode oder im Einzelfall konkret ermittelt durch Ansatz der tatsächlichen Kosten mit Nachweisen der privaten Nutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu bestimmen, innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Rahmens bewege, komme es bei der Auslegung des Gesamtkostenbegriffs im Sinne des Klägers zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Totalgewinngleichheit.

Im Hinblick auf die vom Kläger gewählte Gewinnermittlungsart ergäbe sich für ihn – anders als bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn nach § 4 Absatz 1 EStG ermittele – ein Steuersparmodell, das allein den Einnahme-Überschussrechnern offen stünde. Die Bewertung eines Vorteils könne aber nicht von der Gewinnermittlungsart abhängen. Die Anwendung des Zu- und Abflussprinzips bei der Kostendeckelung hinsichtlich der Leasingsonderzahlung widersprächen dem Gleichheitsgrundsatz und dem Grundsatz der Gesamt- und Totalgewinngleichheit, der es verbiete, dass die Gewinnermittlungsarten zu unterschiedlichen Steuerbelastungen führten.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 26/20 anhängig.

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.08.2020, nicht rechtskräftig

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