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Klinik: Muss Witwe Samenzellen ihres toten Ehemanns herausgeben

18.02.2025

Eine Klinik muss einer Frau das kryokonservierte Keimmaterial ihres verstorbenen Ehemannes zur Verfügung stellen. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main in einem Eilverfahren entschieden.

Die Witwe will mit den Samenzellen eine In-Vitro-Fertilisation in Spanien durchführen lassen.

Das Krankenhaus hatte die Herausgabe verweigert, weil der mit dem Ehemann zu dessen Lebzeiten geschlossene Vertrag vorsah, dass das Sperma nach seinem Tod zu vernichten sei. Das Embryonenschutzgesetz untersage es, eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines verstorbenen Mannes durchzuführen. Nach Ansicht der Klinik droht ihren Mitarbeitern im Fall einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas außerdem strafrechtliche Verfolgung.

Das LG hat festgestellt, dass der seinerzeit mit dem Ehemann geschlossene Vertrag die Klinik nicht verpflichte, das kryokonservierte Keimmaterial zu vernichten. Die "Vernichtungsklausel" fuße nach dem Wortlaut des Vertrages allein auf § 4 Embryonenschutzgesetz. Darin werde zwar strafrechtlich verboten, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tod zu befruchten. Der Schutzzweck des § 4 Embryonenschutzgesetz sei im vorliegenden Fall jedoch nicht berührt. Insbesondere das Grundrecht des verstorbenen Ehemanns auf reproduktive Autonomie aus Artikel 2 Absatz 2, Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) werde nicht beeinträchtigt. Denn er habe vor seinem Tod in die postmortale Verwendung seines Spermas eingewilligt. Dies habe seine Ehefrau hinreichend dargelegt.

"Aus der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei die paarbezogene, individuelle Entwicklung des Kinderwunsches", so das Gericht. Die Ehefrau lege dar, dass es den gemeinsamen Kinderwunsch gab, jedoch der frühe Tod dessen Verwirklichung zu Lebzeiten verhinderte und der verstorbene Ehemann zuletzt seinen Willen auf ein gemeinsames Kind nach seinem Tod richtete. Auch sei keine Verletzung der Grundrechte des noch nicht gezeugten Kindes zu besorgen. "Jedenfalls ist in dem vorliegend zu entscheidenden Fall keine konkrete Kindeswohlgefährdung erkennbar, da es dem Willen beider Eltern entspricht, ein Kind zu bekommen", erklärten die Richter.

Entgegen der Befürchtung der Klinik bestünden vorliegend bei einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas keine Strafbarkeitsrisiken für die Mitarbeiter. Da der Schutzzweck des § 4 Embryonenschutzgesetz im konkreten Fall schon nicht verletzt sei, fehle es bei einer künstlichen Befruchtung mit dem Sperma des verstorbenen Ehemanns an einer rechtswidrigen Haupttat. Eine Beihilfehandlung dazu scheide aus. Dem Gericht erscheint es verfassungsrechtlich "zwingend geboten", dass zur Ausübung einer Handlung, die Ausdruck einer nach Artikel 2 Absatz 2, Artikel 1 Absatz 1 GG verfassungsrechtlich besonders geschützten Selbstbestimmung ist, derjenige auch Hilfe in Anspruch nehmen kann, der diese Handlung realisieren will.

Schließlich führt das Gericht aus: "Die künstliche Befruchtung in einer spanischen Klinik ist vorliegend – unabhängig von konkreten medizinischen Erfolgsaussichten und ethischen oder moralischen Bewertungen – nach spanischem Recht möglich." Eine In-Vitro-Fertilisation sei dort im konkreten Fall nicht mit Strafe bedroht.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Gegen ihn kann Widerspruch beim LG Frankfurt am Main eingelegt werden.

Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.02.2025, 2-04 O 29/25, nicht rechtskräftig

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