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Kindergeldverfahren: Keine Kostenerstattungspflicht bei erfolgreichem Rechtsbehelf gegen Hinterziehungszinsen

24.11.2021

§ 77 Einkommensteuergesetz (EStG) ist bei einem erfolgreichen Einspruch gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen weder unmittelbar noch analog anwendbar. Es liegt keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, soweit § 77 EStG seinem Wortlaut nach eine Kostenerstattung nur für Einspruchsverfahren wegen Kindergeldfestsetzungen vorsieht. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Mit Bescheid vom 14.05.2019 setzte die beklagte Familienkasse gegenüber der Klägerin Hinterziehungszinsen von 2.163 Euro fest. Dieser Festsetzung lag eine zu Unrecht erfolgte Kindergeldzahlung in Höhe von 16.800 Euro zugrunde. Auf den Einspruch der Klägerin hob die Familienkasse den Bescheid mit Abhilfeentscheidung vom 16.09.2020 auf. Zugleich entschied sie, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 EStG sei eine Kostenerstattung ausschließlich in Einspruchsverfahren vorgesehen, die sich gegen die Aufhebung oder Ablehnung einer Kindergeldfestsetzung durch die Familienkasse gerichtet hätten. Den gegen die Kostenentscheidung eingelegten Einspruch wies die Familienkasse als unbegründet zurück.

Die anschließend erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg. Dagegen legte die Familienkasse Revision ein. Diese führte zur Aufhebung der FG-Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Laut BFH ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 77 Absatz 1 Satz 1 EStG (analog) besteht.

Nach § 77 Absatz 1 Satz 1 EStG habe die Familienkasse dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. § 77 Absatz 1 Satz 1 EStG sei seinem Wortlaut nach nicht anwendbar, da es an einem erfolgreichen Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung fehlt. "Erfolgreich" in diesem Sinne sei ein Einspruch nur dann, wenn die Familienkasse zugunsten des Einspruchsführers tatsächlich über den Streitgegenstand entscheidet Es müsse daher grundsätzlich ein erfolgreicher Einspruch in einem das Kindergeld betreffenden Festsetzungsverfahren nach §§ 70, 72 EStG vorliegen. Bei der Frage, ob Hinterziehungszinsen nach § 235 der Abgabenordnung (AO) festzusetzen sind, werde indes nicht über einen Streitgegenstand nach dem X. Abschnitt des EStG entschieden.

Auch eine analoge Anwendung des § 77 Absatz 1 Satz 1 EStG scheide aus, so der BFH weiter. Es fehle an einer für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Gesetzeslücke.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.09.2021, III R 18/21

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