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Kfz-Fahrer: Maskenpflicht bei beruflichen Fahrgemeinschaften vorerst außer Kraft gesetzt

20.04.2021

Mit einem Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen § 3 Absatz 1 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der derzeit geltenden, zuletzt am 09.04.2021 geänderten Fassung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach auch für den Führer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrgemeinschaften angeordnet wird, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Soweit sich der Eilantrag darüber hinaus gegen § 18 Absätze 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen über den Erlass von Ausgangsbeschränkungen enthält, richtete, hat ihn das OVG abgelehnt.

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, hat vorgetragen, regelmäßig zusammen mit Mandanten zu Gerichtsterminen zu fahren. Die aus § 3 Absatz 1 Satz 3 Corona-VO folgende Pflicht, wonach auch der Kraftfahrzeugführer im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Maske tragen muss, gefährde die Verkehrssicherheit.

Das OVG ist dem gefolgt und hat § 3 Absatz 1 Satz 3 Corona-VO insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt. Dabei ging es unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Corona-VO und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Die Verpflichtung für den Führer eines Kraftfahrzeugs, im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, stelle jedoch keine notwendige Maßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dar, weil sie unangemessen sei.

Im Rahmen der Abwägung sei nicht nur der als gering zu bewertende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz) des Führers eines Kfz zu berücksichtigen, sondern insbesondere auch die Gefährdungen für die Verkehrssicherheit, die mit dem Tragen einer Maske einhergingen. Durch § 23 Absatz 4 Straßenverkehrsordnung werde geregelt, dass, wer ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies diene der effektiven Verkehrsüberwachung, einer uneingeschränkten Rundumsicht und damit der allgemeinen Verkehrssicherheit. Beim Tragen einer Maske würden jedoch wesentliche Teile des Gesichts verdeckt, insbesondere, wenn zusätzlich eine Brille oder Sonnenbrille getragen werde, die jedoch notwendig sein könne, um eine bestmögliche Sicht des Fahrers zu gewährleisten. Hinzu komme, dass gerade für Brillenträger die Gefahr steige, dass diese während der Fahrt beschlage und hierdurch die Sicht zusätzlich beeinträchtigt werde.

Auch wenn die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dem Infektionsschutz diene, seien die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs einer beruflichen Fahrgemeinschaft keine Maske trage, als gering einzuschätzen, so das OVG. Eine berufliche Fahrgemeinschaft bestehe aus einer überschaubaren Anzahl an Personen, die sich untereinander kennen, wodurch auch die Kontaktnachverfolgung möglich bleibe. Zudem könne auch durch eine Pflicht zur Testung vor Fahrtantritt ein hoher Grad an Sicherheit vor Ansteckung gewährleistet werden, ohne die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen.

Die Außervollzugsetzung ist laut OVG allgemeinverbindlich. Die betroffene Regelung sei in Niedersachsen also gegenwärtig nicht zu beachten.

Soweit sich der Antragsteller zusätzlich gegen die Regelungen des § 18 Absatz 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen zum Erlass von Ausgangsbeschränkungen durch die örtlich zuständigen Behörden enthält, gewandt hat, hat das OVG eine einstweilige Außervollzugsetzung abgelehnt. Der Antrag sei teilweise bereits unzulässig, da § 18 Absätze 2 und 3 Corona-VO lediglich die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte für den Erlass von Ausgangsbeschränkungen regele und im Übrigen höhere Anforderungen an deren Erlass stelle, als gesetzlich vorgesehen seien. Hierdurch könne der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt werden.

Soweit § 18 Absatz 4 Corona-VO vorsehe, dass bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von mehr als 150 die örtlich zuständigen Behörden eine Ausgangsbeschränkung erlassen "sollen", sei die einstweilige Außervollzugsetzung nicht dringend geboten. Aufgrund der Regelungen des Infektionsschutzgesetzes hätten die zuständigen Behörden ohnehin effektive Maßnahmen zu treffen, die sich an den Inzidenzen zu orientieren hätten. Somit konkretisiere § 18 Absatz 4 Corona-VO lediglich die gesetzlichen Regelungen, weshalb die mit dieser Regelung einhergehenden Einschränkungen für diese bloß ermessensleitende Vorschrift gering sei. § 18 Absatz 4 Corona-VO erfordere zudem noch einen Umsetzungsakt. Es sei deshalb zumutbar, unmittelbar gegen eine durch die örtlich zuständige Behörde erlassene Ausgangsbeschränkung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 16.04.2021, 13 MN 158/21, unanfechtbar

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