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Internethändler: EuGH soll Pflicht zu Information über Herstellergarantien klären

15.02.2021

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen vorgelegt, mit denen geklärt werden soll, inwieweit Internethändler Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte informieren müssen.

Die Parteien vertreiben Taschenmesser im Wege des Internethandels. Die Beklagte bot auf der Internetplattform Amazon ein Schweizer Offiziersmesser an. Die Angebotsseite enthielt unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung". Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt: "Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt." Weitere Informationen zur Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht.

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht (OLG) die Beklagte antragsgemäß wegen eines Verstoßes gegen § 312d Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) nach §§ 8 Absatz 1 Satz 1, 3 Absatz 1, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Unterlassung verurteilt. Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer nach § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB und Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher "gegebenenfalls" über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zu informieren.

Das OLG hat angenommen, diese Informationspflicht bestehe jedenfalls, wenn das Warenangebot – wie im Streitfall – einen Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthalte. Der Inhalt dieser Informationspflicht sei unter Rückgriff auf § 479 Absatz 1 BGB zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift müsse eine Garantieerklärung unter anderem den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und die Angabe des räumlichen Geltungsbereichs des Garantieschutzes enthalten. Das OLG meinte, diese Angaben müssten auch zur Erfüllung der hier in Rede stehenden Informationspflicht gemacht werden.

Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Artikel 6 Absatz 1m der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Vorschrift wird durch § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB und Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB nahezu gleichlautend in deutsches Recht umgesetzt. Zum einen soll der EuGH klären, ob allein schon das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Artikel 6 Absatz 1m der Richtlinie 2011/83/EU auslöst oder – falls dem nicht so ist – die Informationspflicht durch die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder dann, wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar ist.

Darüber hinaus fragt der BGH, ob eine Informationspflicht auch besteht, wenn für den Verbraucher ohne weiteres ersichtlich ist, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zur Garantie zugänglich macht. Schließlich wird EuGH um Beantwortung der Frage gebeten, ob die nach Artikel 6 Absatz 1m der Richtlinie 2011/83/EU erforderliche Information über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie dieselben Angaben enthalten muss wie eine Garantie nach Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, oder ob weniger Angaben genügen. Die zuletzt genannte Bestimmung ist durch § 479 Absatz 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2021, I ZR 241/19

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