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Hartz IV: Elektronisches Wörterbuch vom Jobcenter

07.12.2021

Nach einem Urteil des Sozialgerichts (SG) Oldenburg ist das Jobcenter verpflichtet, einer Schülerin die Kosten für ein elektronisches Wörterbuch als Mehrbedarf nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) zu erstatten.

Die 2003 geborene Klägerin, die gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern ergänzende Leistungen nach dem SGB II bezieht, ist Schülerin an einer berufsbildenden Schule. Die Schule forderte sie auf, für den Sprachunterricht des folgenden Schuljahres ein elektronisches Wörterbuch der Firma Casio zum Preis von 138,90 Euro anzuschaffen. Die Klägerin beantragte daraufhin beim Jobcenter die Erstattung der Kosten dieses Wörterbuches, was das Jobcenter ablehnte. Dieses vertrat dabei die Auffassung, dass das Wörterbuch zum persönlichen Schulbedarf zu rechnen sei, dessen Kosten von der Beklagten durch die bereits bewilligten Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II abgedeckt seien.

Das SG Oldenburg hat das Jobcenter zur Übernahme der Kosten für das elektronische Wörterbuch verurteilt. Die Kosten für die Anschaffung eines solchen Wörterbuches würden weder von den Leistungen erfasst, die vom Jobcenter für die Ausstattung von Schülern mit persönlichem Schulbedarf erbracht würden (§ 28 Absatz 3 SGB II) noch seien sie vom Regelbedarf nach § 20 Absatz 1 SGB II abgedeckt.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien die Kosten für die Anschaffung von Schulbüchern zwar grundsätzlich vom Regelbedarf nach § 20 Absatz 1 SGB II umfasst. Bei der Ermittlung des Regelbedarfes von Leistungsempfängern nach dem SGB II sei jedoch der Bedarf für die Beschaffung von Schulbüchern nicht in strukturell realitätsgerechter Weise zutreffend erfasst worden. Bei dieser Regelbedarfsermittlung habe der Gesetzgeber vielmehr Kosten für die Anschaffung von Schulbüchern lediglich in einer Höhe von 2,55 Euro pro Monat (= 30,60 Euro jährlich) berücksichtigt. Damit sei der Bedarf für die Beschaffung von Schulbüchern zumindest in Ländern, die – wie Niedersachsen – keine Lehrmittelfreiheit garantierten, nicht abzudecken. Die Kosten für die Beschaffung von Schulbüchern seien deshalb ein Mehrbedarf (§ 21 Absatz 6 Satz 2 SGB II), der Leistungsempfängern nach dem SGB II zusätzlich zu den sonstigen Leistungen zu gewähren sei.

Anders als sonstige technische Geräte (wie zum Beispiel Tablets oder Laptops) sei das elektronische Wörterbuch bezüglich des Kostenersatzes wie ein Schulbuch zu behandeln, so das SG weiter. Das digitale Wörterbuch habe eine unmittelbar schulbuchersetzende Funktion, weil bei diesem Gerät die Funktion der Übersetzung im Vordergrund stehe und es die Inhalte mehrerer Wörterbücher in den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Latein und Deutsch enthalte. Das elektronische Wörterbuch verfüge nicht über die Möglichkeit, es mit einem PC zu verbinden oder das Internet zu nutzen. Darin unterscheide sich dieses Gerät von Tablets oder Laptops, die selbst nicht als schulbuchersetzend angesehen werden könnten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das SG die Berufung ausdrücklich zugelassen.

Sozialgericht Oldenburg, Urteil vom 16.11.2021, S 37 AS 1268/19, nicht rechtskräftig

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