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Gewalt gegen Frauen: Voraussetzungen für Gewährung internationalen Schutzes

18.01.2024

Frauen können insgesamt als einer sozialen Gruppe im Sinne der Richtlinie 2011/95 zugehörig angesehen und es kann ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden, wenn die in der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) der Fall, wenn sie in ihrem Herkunftsland aufgrund ihres Geschlechts physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt und häuslicher Gewalt, ausgesetzt sind.

Sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, könne ihnen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt werden, insbesondere wenn sie tatsächlich Gefahr laufen, getötet zu werden oder Gewalt zu erfahren.

Eine türkische Staatsangehörige kurdischer Herkunft, bei der es sich um eine geschiedene Muslimin handelt, bringt vor, von ihrer Familie zwangsverheiratet und von ihrem Ehemann geschlagen und bedroht worden zu sein. Sie fürchtete für den Fall ihrer Rückkehr in die Türkei um ihr Leben und stellte in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz. Das mit der Rechtssache befasste bulgarische Gericht bat den EuGH um Vorabentscheidung.

Die Richtlinie 2011/951 legt die Voraussetzungen für die Zuerkennung zum einen der Flüchtlingseigenschaft und zum anderen des subsidiären Schutzes für Drittstaatsangehörige fest. Die Flüchtlingseigenschaft ist in Fällen der Verfolgung von Drittstaatsangehörigen wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe vorgesehen. Der subsidiäre Schutz wiederum gilt für jeden Drittstaatsangehörigen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, was insbesondere die Hinrichtung und eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung einschließt.

Laut EuGH ist die Richtlinie im Einklang mit dem Übereinkommen von Istanbul auszulegen, das die EU bindet und Gewalt gegen Frauen aufgrund des Geschlechts als eine Form der Verfolgung anerkennt. Außerdem weist der Gerichtshof darauf hin, dass Frauen insgesamt als einer sozialen Gruppe im Sinne der Richtlinie zugehörig angesehen werden können. Folglich könne ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden, wenn sie in ihrem Herkunftsland aufgrund ihres Geschlechts physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt und häuslicher Gewalt, ausgesetzt sind. Sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, könnten sie auch dann Anspruch auf subsidiären Schutz haben, wenn ihnen von einem Angehörigen ihrer Familie oder ihrer Gemeinschaft tatsächlich angedroht wird, wegen eines angenommenen Verstoßes gegen kulturelle, religiöse oder traditionelle Normen getötet zu werden oder andere Gewalttaten zu erleiden.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 16.01.2024, C-621/21

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