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Formaldehydbelastetes Wohnhaus: Kein Abzug von Aufwendungen für Abriss und Neubau als außergewöhnliche Belastung

29.08.2024

Überschreitet die Belastung der Raumluft mit Formaldehyd in einem Wohnhaus den Grenzwert von 0,1 ppm, ist von einer konkreten Gesundheitsgefährdung auszugehen. Aufwendungen für den mit Verweis auf eine Gesundheitsgefährdung getätigten Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses sowie für dessen späteren Neubau sind dann nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn der Abriss des Gebäudes und der Neubau nicht notwendig waren, um die Formaldehydemission zu beseitigen. Das stellt das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg klar.

Der Kläger ist Eigentümer eines Einfamilienhauses. Er ließ sein Schlafzimmer baubiologisch untersuchen. Der Baubiologe stellte eine hohe Formaldehydkonzentration (0,112 ppm) fest. Er empfahl Minimierungsmaßnahmen. Ein Arzt riet dem Kläger, um gesundheitlichen Schaden abzuwenden, "wenn möglich" zur Sanierung oder zum Umzug.

Der Kläger ließ das Wohngebäude abreißen und auf dem Bestandskeller ein neues Einfamilienhaus mit Garage errichten. In seiner Einkommensteuererklärung machte er Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen wegen eines Neubaus aufgrund einer Formaldehydbelastung geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte den Abzug der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen ab.

Das FG sah dies im Wesentlichen genauso. Zwar sehe der Gesetzgeber eine Formaldehydausgasung, die zu einer Formaldehydkonzentration in der Raumluft von mehr als 0,1 ppm führt, typisierend als gesundheitsgefährdend an. Dem habe sich die Rechtsprechung angeschlossen. Sie nehme auch im Rahmen der steuerrechtlichen Prüfung der Zwangsläufigkeit an, dass Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf Gegenstände, die eine über dem Wert von 0,1 ppm liegende Formaldehydbelastung von Innenräumen verursachen, aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig sind. Dem Steuerpflichtigen sei es nicht zumutbar, abzuwarten, ob er tatsächlich zu den besonders empfindlichen Personen gehört, die bereits bei einer nur knapp über dem Grenzwert liegenden Schadstoffbelastung mit Krankheitserscheinungen reagieren.

Generell müssten die vom Steuerpflichtigen getroffenen Maßnahmen aber notwendig sein, um die Formaldehydemission zu beseitigen. Daran fehle es hier. Der Abriss des Bestandsgebäudes und der Neubau waren aus Sicht des FG nicht notwendig. So sei nicht geklärt, auf welche Bauteile des Hauses die erhöhte Schadstoffkonzentration im Schlafzimmer zurückzuführen sei. Zudem habe der Baubiologe lediglich Minimierungsmaßnahmen empfohlen, um die Schadstoffkonzentration zu reduzieren. Es sei die Rede von der Abdichtung von Fugen und Öffnungen und einer Verbesserung der (Ent)Lüftung. Hierzu habe der Baubiologe in der mündlichen Verhandlung ergänzt, dass man die Emissionen durch Sanierungsmaßnahmen zwar nicht auf null, aber doch deutlich reduzieren und so ein "unproblematisches Level" erreichen könne.

Auch sei zu berücksichtigen, dass der Formalaldehyd-Grenzwert von 0,1 ppm nur geringfügig überschritten wurde und damit die Emissionen mit einem geringeren Aufwand als dem vollständigen Abriss und Neubau auf ein unbedenkliches Niveau hätten gesenkt werden können.

Auch sei das vorgelegte ärztliche Attest nicht geeignet, die Kausalität der Schadstoffbelastung für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nachzuweisen. Hierzu fehlten dem Gericht detailliertere Angaben zum zeitlichen Verlauf und der Schwere der Krankheiten und zu Untersuchungen zu den bereits eingetretenen Gesundheitsschäden sowie zum ausschließlichen Zusammenhang der Symptome mit der Formaldehydkonzentration.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 01.02.2014, 1 K 1855/21, rechtskräftig

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