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Förderung des demokratischen Staatswesens als gemeinnütziger Zweck: Setzt "geistige Offenheit" einer Vereinigung voraus

18.01.2024

Der Begriff der Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 Absatz 2 Nr. 24 Abgabenordnung – AO) muss sich aus grundrechtlich verbürgten Prinzipien, Rechten und Werten ableiten lassen. Dazu gehöre insbesondere die Förderung der Ausübung der grundgesetzlich verbürgten Grundrechte sowie der Förderung allgemeiner demokratischer Teilhabe, die sich aus dem Demokratieprinzip ergibt. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg klar.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war zugleich die Frage der Prüfungstiefe des § 60a Absatz 6 AO bei Versagung eines Freistellungsbescheides nach § 60a Absatz 1 AO. Hiernach kann ein Finanzamt einen Freistellungsbescheid versagen, wenn bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vorliegen, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt. Die Vorschrift wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 eingeführt. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll hierdurch die rechtsmissbräuchliche Verwendung des Feststellungsbescheids ausgeschlossen werden. In der Begründung wird ausdrücklich auf Missbrauchsfälle so genannter extremistischer Organisationen verwiesen (BT-Drs. 19/25160, S. 204).

Der Kläger – ein nicht eingetragener Verein – betrieb auf einer Internetseite einen Online-Blog, auf dem Vereinsmitglieder und Gastautoren zu einem aktuellen Thema Beiträge veröffentlichten. Streitgegenstand war insoweit die Ablehnung des Erlasses eines Freistellungsbescheides, weil dem Beklagten bereits Erkenntnisse zur Tätigkeit des Klägers vorlagen, obgleich der Kläger noch keine Körperschaftsteuererklärungen nebst Tätigkeitsberichten vorgelegt hatte.

Das FG hat die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 10.01.2019 – V R 60/17, so genannte Attac-Rechtsprechung) bekräftigt. Eine Vereinigung zur Förderung der Volksbildung und des demokratischen Staatswesens müsse in ihrer "politischen Bildung" "geistig offen" sein und dürfe gerade nicht das Ziel verfolgen, Lösungsvorschläge für Problemfelder der Tagespolitik durchzusetzen. Denn eine steuerliche Gemeinnützigkeit stünde sonst im Konflikt mit den strengen Vorgaben des Grundgesetzes und des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung. Der Kläger habe aber gerade konkrete Problemfelder der Tagespolitik thematisiert. Die Förderung des demokratischen Staatswesens sei höchstens Nebenfolge gewesen.

Das Gericht hat zudem entschieden, dass der Beklagte bei § 60a Absatz 6 AO nicht auf bestimmte Prüffelder beschränkt ist, sondern insbesondere auch Hinweise zu konkreten Tätigkeiten berücksichtigen kann. Allerdings führe die Versagung des Feststellungsbescheids zu keiner abschließenden Entscheidung hinsichtlich der Freistellung. Denn diese erfolge allein im Veranlagungsverfahren und münde in einem positiven Freistellungsbescheid nach § 155 Absatz 1 Satz 3 AO beziehungsweise in einer Versagung eines solchen Bescheides. Der Regelungsgehalt des Ablehnungsbescheides betreffe nur die fehlende vorläufige Vertrauensschutzwirkung der gesonderten Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen.

Das FG hat die Revision zugelassen.

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2023, 8 K 8012/23

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