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Familienheim: Umfang erbschaftsteuerlicher Befreiung

21.09.2023

Unter den Voraussetzungen von § 13 Absatz 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz ist der Übergang der selbstbewohnten Immobilie (so genanntes Familienheim) von der Erbschaftsteuer befreit. Zum Umfang der Steuerbefreiung hat das Finanzgericht (FG) Niedersachsen entschieden, dass diese nur für die Grundfläche des mit dem Familienheim bebauten Flurstücks – oder bei größeren Flurstücken für eine angemessene Zubehörfläche – gilt.

Der Kläger hatte durch Erbschaft sechs Flurstücke erworben. Fünf dieser Flurstücke waren nach § 890 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusammengefasst als ein Grundstück im Grundbuch vereinigt.

Bei der Erbschaftsteuer erfolgt die Bewertung von Grundbesitz grundsätzlich durch das Finanzamt, in dessen Bezirk das entsprechende Grundstück liegt. Die so festgestellten Werte sind dann vom für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt als so genannte Grundlagenbescheide in den Erbschaftsteuerbescheid zu übernehmen. Über die Steuerbefreiung für ein Familienheim wiederum entscheidet das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt.

Im Streitfall gab es die Besonderheit, dass das für die Bewertung zuständige Finanzamt drei der fünf im Grundbuch vereinigten Flurstücke in einem Bescheid zusammengefasst und für diese einen Gesamtwert festgestellt hatte. In der Erläuterung des Bescheides hatte das Bewertungsfinanzamt ausgeführt, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim gegebenenfalls nur für das eine Flurstück zu gewähren sei, auf dem das Haus steht. So sah es auch das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt. Es übernahm in den Erbschaftsteuerbescheid nicht den festgestellten Gesamtwert für die drei Flurstücke und gewährte hierfür die Steuerbefreiung. Stattdessen rechnete es aus dem Gesamtwert den Wert des mit dem Einfamilienhaus bebauten Flurstücks heraus und gewährte nur in dieser Höhe die Steuerbefreiung. Der Kläger begehrte hingegen die Steuerbefreiung für den gesamten vom Bewertungsfinanzamt festgestellten Grundbesitzwert (also für alle drei Flurstücke).

Das FG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, nach welchen Kriterien das Familienheim zu bewerten ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mit Urteil vom 23.02.2021 (II R 29/19) ausgeführt, dass ein Grundstück im Zusammenhang mit § 13 Absatz 1 Nr. 4c Erbschaftssteuergesetz entweder im Sinne des BGB oder des Bewertungsgesetzes (BewG) zu verstehen sei. Im Fall des BFH kam es auf eine Entscheidung zu dieser Frage jedoch nicht an, sodass diese offenblieb.

Betrachtet man das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, so handele es sich hierbei um einen vermessenen, im Liegenschaftskataster bezeichneten Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als ein Grundstück eingetragen ist, so das FG. Folgt man dem BewG – auf das § 12 Absatz 3 Erbschaftsteuergesetz grundsätzlich zur Bewertung von Grundbesitz verweist –, so sei auf die wirtschaftliche Einheit im Sinne von § 2 Absatz 1 BewG abzustellen. Die wirtschaftliche Einheit bestimme sich nach der Verkehrsanschauung, wobei örtliche Gewohnheit, tatsächliche Übung, Zweckbestimmung und wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen seien (vgl. § 2 Absatz 1 Satz 3 und 4 BewG).

Vorliegend traf das FG eine Weder-noch-Entscheidung. Weder folgte es der zivilrechtlichen Sichtweise, da das mit dem Haus bebaute Flurstück nicht einzeln, sondern mit vier weiteren Flurstücken vereinigt im Grundbuch eingetragen war. Noch folgte es der vom Bewertungsfinanzamt vorgenommenen Grundstücksbewertung, die drei Flurstücke umfasste. Es vertrat vielmehr die Ansicht, dass das Erbschaftsteuerfinanzamt zu Recht nur das tatsächlich mit dem Familienheim bebaute Flurstück von der Steuer befreit hatte. Dies folge aus der primären Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an das Zivilrecht. Zudem sei es verfassungsrechtlich geboten, die Befreiungsnorm restriktiv auszulegen. Deswegen könne für die Steuerbefreiung nicht auf die wirtschaftliche Einheit im Sinne des Bewertungsrechts abgestellt werden. Stattdessen sei die Befreiung auf eine vorhandene katastermäßig kleinere Grundstücksfläche (und sollte diese nicht gegeben sein, gegebenenfalls auf eine Teilfläche) zu begrenzen.

Den Hintergrund der restriktiven Auslegung der Norm sah das FG in einer möglichen Doppelbegünstigung naher Familienmitglieder durch hohe Freibeträge einerseits und die Freistellung des Familienheims andererseits. Personen mit "großem" Familienheim profitierten von der Befreiungsvorschrift nämlich in größerem Maße, als zum Beispiel Personen mit kleiner oder keiner Immobilie, weil die Freibeträge zusätzlich zur Steuerbefreiung des Familienheims gewährt würden.

Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 12.07.2023, 3 K 14/23

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