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Erwerb eines vom Dieselskandal betroffenen Gebrauchtwagens: Bei Verjährung auch kein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB

11.02.2022

Hat jemand einen vom Dieselskandal betroffenen Pkw als Gebrauchtwagen erworben und ist sein Anspruch auf Schadenersatz nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die VW AG verjährt, so steht ihm kein Anspruch auf Herausgabe des "auf Kosten des Verletzten Erlangten" aus § 852 Satz 1 BGB zu, auch wenn dieser bei unerlaubter Handlung an sich im Fall der Verjährung greift. Denn VW hat als Herstellerin des Pkw aus dessen Verkauf als Gebrauchtwagen nichts erlangt. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

In fünf Verfahren nahm die jeweilige Klagepartei die beklagte Volkswagen AG als Fahrzeug- beziehungsweise Motorherstellerin auf Schadenersatz wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Anspruch. Die von den Klageparteien jeweils gebraucht bei einem Autohändler beziehungsweise einem Dritten erworbenen Fahrzeuge sind mit Dieselmotoren der Baureihe EA 189 (EU 5) ausgestattet. Diese verfügten zum Zeitpunkt des Kaufs über eine Software, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befand, und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus wechselte. Die Klageparteien verlangen jeweils im Wesentlichen – unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung – die Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Die Beklagte hat jeweils die Einrede der Verjährung erhoben.

In vier der fünf Fälle bejahte der BGH Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB. Für diese Fälle führte er zugleich aus, dass auch kein Anspruch gegen VW aus § 852 Satz 1 BGB in Betracht komme. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollten demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben. Die dem Anspruch zugrunde liegende Vermögensverschiebung könne auch durch einen oder mehrere Dritte vermittelt werden, solange sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung steht. Wenn ein Vermögensverlust beim Geschädigten einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Schädiger zur Folge gehabt hat, sei er daher nach § 852 Satz 1 BGB auch dann herauszugeben, wenn diese Vermögensverschiebung dem Schädiger durch Dritte vermittelt worden ist. Unberührt bleibe davon die Notwendigkeit, dass der Vermögenszuwachs auf dem Vermögensverlust des Geschädigten beruhen muss. Daher setze ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB jedenfalls voraus, dass die Herstellerin im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf an diesen erlangt hat, betont der BGH.

Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie beim Kauf eines von der Herstellerin mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und vom Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führe der letztgenannte Erwerbsvorgang indes zu keiner Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der Herstellerin. Denn der Herstellerin, die einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert hat, fließe im Zusammenhang mit dem im Abschluss des ungewollten Vertrags liegenden Vermögensschaden des Geschädigten durch ihre unerlaubte Handlung nichts – mehr – zu. Bei einem Gebrauchtwagenverkauf, der – wie hier – zwischen dem klagenden Geschädigten und einem Dritten abgeschlossen wird, partizipiere die Herstellerin weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Verkäufergewinn aus diesem Kaufvertrag, sei es, dass der Gebrauchtwagen von einer Privatperson oder von einem Händler an den Geschädigten verkauft wurde. Deshalb scheide in diesen Fällen ein Anspruch nach § 852 Satz 1 BGB aus.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 10.02.2022, VII ZR 365/21, VII ZR 396/21, VII ZR 679/21, VII ZR 692/21 und VII ZR 717/21

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