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Erasmus +-Stipendium: Bei Berechnung der Einkommensteuer des dem Studierenden unterhaltspflichtigen Elternteils nicht zu berücksichtigen

21.01.2025

Erhält ein Studierender ein Erasmus +-Stipendium, so darf der ihm gezahlte Betrag bei der Berechnung der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Ein kroatischer Studierender erhielt im Rahmen des Programms Erasmus + für seinen Studienaufenthalt an einer Universität in Finnland eine Unterstützung zur Förderung der Lernmobilität. Die kroatische Steuerverwaltung teilte seiner Mutter mit, dass die ihr bislang stets gewährte Erhöhung des persönlichen Grundfreibetrags für ein unterhaltsberechtigtes Kind für das betreffende Jahr gestrichen worden sei. Die in den kroatischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Schwellenwerte wurden nämlich dadurch überschritten, dass ihr Kind eine Unterstützung für Mobilität im Rahmen des Programms Erasmus + erhielt.

Das mit dem Rechtsstreit befasste kroatische Verfassungsgericht fragt sich, ob die in Rede stehenden nationalen Steuervorschriften mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Der Gerichtshof verneint dies. Er stellt zunächst fest, dass ein Mitgliedstaat, wenn er am Programm Erasmus + teilnimmt, dafür Sorge tragen muss, dass die Modalitäten für die Bewilligung und die Besteuerung von Finanzhilfen, die die Mobilität der Begünstigten dieses Programms erleichtern sollen, das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht in ungerechtfertigter Weise beschränken.

Im vorliegenden Fall wurde die Mobilitätsunterstützung als solche zum maßgeblichen Zeitpunkt in Kroatien nicht besteuert. Sie wurde jedoch bei der Berechnung der Einkommensteuer der Mutter berücksichtigt, wodurch diese benachteiligt wurde. Es stelle eine Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt dar, wenn die einem unterhaltsberechtigten Kind gewährte Mobilitätsunterstützung bei der Berechnung des Grundfreibetrags berücksichtigt wird, auf den ein steuerpflichtiger Elternteil für dieses Kind Anspruch hat, und wenn dies dazu führt, dass der Anspruch auf Erhöhung dieses Freibetrags im Rahmen der Berechnung der Einkommensteuer verloren geht.

Nach Auffassung des EuGH kann sich unter solchen Umständen insbesondere im Hinblick darauf, dass wirtschaftliche Verbindungen zwischen dem Kind und seinem Elternteil bestehen, nicht nur das unterhaltsberechtigte Kind, das von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, sondern auch sein steuerpflichtiger Elternteil, der durch die Auswirkungen dieser Beschränkung unmittelbar benachteiligt ist, auf die Wirkungen dieser Beschränkung berufen.

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass sich eine Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt unionsrechtlich nur rechtfertigen lässt, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen des Allgemeininteresses beruht. Außerdem müsse eine solche Beschränkung in angemessenem Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck stehen. Namentlich müsse sie geeignet sein, die Verwirklichung dieses Zwecks zu gewährleisten.

Was insbesondere die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit anbelangt, stellt der EuGH fest, dass im Rahmen des Programms Erasmus + gewährte Finanzhilfen einen Beitrag zur Deckung der zusätzlichen Kosten leisten sollen, die ohne diese Mobilität nicht entstanden wären. Deswegen minderten die fraglichen Finanzhilfen weder die Ausgaben der steuerpflichtigen Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht gegenüber unterhaltsberechtigten Kindern, noch erhöhten sie die steuerliche Leistungsfähigkeit dieser Eltern. Die steuerliche Behandlung dieser Finanzhilfen könne zu höheren steuerlichen Belastungen für die steuerpflichtigen Eltern führen, ohne dass die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel erhöht worden wären, um diesen Belastungen zu begegnen. Folglich ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die in Rede stehende nationale Regelung sogar das Gegenteil bewirken kann.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 16.01.2025, C-277/23

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