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Dolmetscher nicht vereidigt: Prozess muss wiederholt werden
Ein Dolmetscher sagte zweimal die Unwahrheit über seine Vereidigung – dies begründete Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, weswegen die Revision erfolgreich gewesen sei, wie die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) mitteilt.
Findet die strafrechtliche Hauptverhandlung unter Zuhilfenahme eines nicht vereidigten Dolmetschers statt, so sei das in der Regel ein Verstoß gegen § 189 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), der mit der Revision gerügt werden kann. Zwar gebe es Ausnahmen, in denen die fehlende Vereidigung nicht auf die Unzuverlässigkeit des Dolmetschers schließen lasse, so der BGH – dies jedoch nur, wenn der Sachverhalt ansonsten keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Dolmetschers zulasse.
In einem Strafprozess gegen zwei serbische Angeklagte wegen Betäubungsmitteldelikten kam an drei von vier Verhandlungstagen ein Dolmetscher zum Einsatz. Vor Beginn seiner Tätigkeit erklärte er, er sei allgemein beeidigt. In der Annahme der Richtigkeit diese Angabe sah das Landgericht (LG) an jedem der drei Verhandlungstage davon ab, ihn gemäß § 189 Absatz 1 GVG zu vereidigen. An zwei Tagen übersetzte er jeweils für einen der Angeklagten, an einem Tag sogar für beide. Später stellte sich heraus, dass er gar keinen allgemeinen Eid abgelegt hatte. Daraufhin behauptete er, jeden Tag erneut vereidigt worden zu sein – was der Vorsitzende "definitiv" ausschloss. Die Angeklagten beriefen sich in der Revision nun auf eine Verletzung von § 189 GVG.
Der BGH gab ihnen Recht, wie die BRAK informiert. Dadurch, dass der Übersetzer unvereidigt Übersetzungsleistungen erbrachte, habe das LG gegen § 189 GVG verstoßen. Danach sei jeder Dolmetscher in der Hauptverhandlung zwingend ("der Dolmetscher hat") vor seinem Einsatz ("übertragen werde") zu vereidigen. Ein Verzicht auf die Vereidigung sei aufgrund ihrer Bedeutung in Strafsachen nicht statthaft. Die Eidesleistung könne nach § 189 Absatz 1 GVG durch individuellen Eid oder durch Berufung auf den Eid nach § 189 Absatz 2 GVG erfolgen, sofern der Dolmetscher nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt sei. Beides habe hier nicht vorgelegen.
Die fehlende Vereidigung sei ein relativer Revisionsgrund. Zweck der Vereidigung sei es, dem Dolmetscher seine besondere Verantwortung für die Wahrheitsfindung im konkreten Fall zu verdeutlichen und bewusst zu machen. Daher beruhe ein Urteil in der Regel auch auf einem Verstoß gegen § 189 GVG. Zumeist könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein beeidigter Dolmetscher sorgfältiger als ein nicht vereidigter Dolmetscher übersetzt hätte.
Es gebe zwar Ausnahmefälle, in denen das Urteil nicht auf diesem Fehler beruhe. Dies jedoch nur, wenn die Zuverlässigkeit des Dolmetschers auf andere Weise sichergestellt werden könne – etwa wenn der allgemeine Eid nur wegen Fristablaufs erloschen war, sich nicht auf die konkrete Sprache bezogen oder ein tatsächlich vereidigter Dolmetscher sich versehentlich nicht vor der Verhandlung darauf berufen habe. Eine solche Ausnahme komme hier aber gerade nicht in Betracht. Tatsächlich habe der Dolmetscher gleich zweimal die Unwahrheit im Hinblick auf seine Vereidigung gesagt, was gerade Zweifel an dessen Zuverlässigkeit wecke.
Daran ändere sich auch nichts, weil an zwei der drei Tage, in denen er im Einsatz war, auch eine andere Dolmetscherin für den jeweils anderen Angeklagten tätig wurde – zum einen, weil er an einem Tag allein für beide übersetzte und zum anderen, weil es nicht Aufgabe einer zweiten Dolmetscherin sei, Kollegen zu überwachen.
Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 20.11.2024 zu Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.09.2024, 2 StR 431/23